Nach Sandy: Jetzt beginnt das große Aufräumen

Dutzende Menschen verlieren ihr Leben, Millionen ohne Strom. Städte an der Küste überflutet. Schäden geschätzt 20 Milliarden Dollar.

New York. Am Morgen nach „Sandy“ hängen Männer an Kränen, um Kabel zu flicken, die der Wirbelsturm in der Nacht fortgerissen hatte. Andere kehren den Schlamm weg, den der East River und der Hudson auf die an anderen Tagen stark befahrenen Stadtautobahnen getragen haben. An normalen Verkehr ist noch lange nicht zu denken, die Tunnel für Autos und U-Bahnen stehen mehr als einen Meter unter Wasser. Doch den New Yorkern bleibt ihr Optimismus: Nach Sonnenaufgang steht ein gewaltiger, in allen Farben strahlender Regenbogen über der Stadt.

Dabei sah es im Big Apple wenige Stunden zuvor aus, als würde die Welt untergehen. Hilflos müssen Polizisten zusehen, wie der Battery-Tunnel vollläuft. Nordamerikas längster Straßentunnel, der Manhattan über drei Kilometer mit Brooklyn verbindet, füllt sich in Sturzbächen. Im Stadtteil Queens werden 50 Häuser durch ein Großfeuer vernichtet. Die New Yorker Verkehrsbetriebe sprachen von der schwersten Zerstörung in der 108-jährigen Geschichte der U-Bahn. Wahrscheinlich wird es Tage dauern, bis die Bahn wieder fährt.

Bis zu 40 Menschen haben nach Medienberichten die Nacht nicht überlebt. Der erste „Sandy“-Tote in New York war ein 29 Jahre alter Mann, der von einem Baum erschlagen wurde — in seinem Haus. Die Urgewalten des Sturms hatten den riesigen Baum einfach mitsamt der Wurzel aus dem Boden gehoben. Wenig später starben ganz ähnlich zwei Kinder, die im ersten Stock eines Hauses nördlich von New York gespielt hatten. Zehn Menschen verloren allein in der Ostküsten-Metropole ihr Leben, teilte Bürgermeister Michael Bloomberg am Dienstag mit.

Dabei wurde New York nicht einmal direkt getroffen. Der Sturm ging in der Spielerstadt Atlantic City an Land, überschwemmte die Kasinos und spülte einen Teil des Boardwalks, einer klassischen Holzpromenade, weg. Dann wanderte er landeinwärts, um in der Nacht eine „verrückte Drehung“ (Meteorologe Lonnie Quinn) zu machen und nach Norden zu wandern.

Das Ausmaß der Zerstörung wurden auch in anderen Bundesstaaten erst langsam deutlich. Wegen eines bedrohlich ansteigenden Wasserspiegels sind drei Atomkraftwerke vom Netz genommen worden. Im AKW Oyster Creek, dem ältesten der USA, wurde Alarm ausgelöst. Die Anlage war bereits am Montag sicherheitshalber abgeschaltet worden.

Wie das US-Energieministerium mitteilte, waren 18 Staaten von dem Stromausfall betroffen. Mehr als acht Millionen Menschen saßen und sitzen im Dunkeln, haben keine Heizung und teilweise kein Wasser. Präsident Barack Obama erklärte Teile New Yorks und New Jerseys zu Katastrophengebieten. Dadurch gibt die US-Regierung zusätzliche Hilfsgelder frei.

Wirbelsturm „Sandy“ richtete nach ersten Expertenschätzungen Schäden von bis zu 20 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 15,5 Milliarden Euro) an. Nur die Hälfte davon dürfte versichert sein, teilte der Versicherungsdienstleister Eqecat mit.

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