Mutmaßlicher Kino-Amokläufer erstmals vor Gericht

Washington (dpa) - Der mutmaßliche Amokschütze von Aurora hat bei seinem ersten Auftritt vor Gericht geschwiegen. Dem 24-Jährigen, der bei einer „Batman“-Kinopremiere zwölf Menschen getötet haben soll, droht die Todesstrafe.

James Holmes ließ bei der Anhörung in Centennial am Montag seine Pflichtverteidiger sprechen. Die Anklage soll laut Richter William Sylvester kommenden Montag eingereicht werden. Holmes müsse in Untersuchungshaft bleiben und darf keinen Kontakt zu Zeugen und Opfern haben. Die Staatsanwaltschaft prüft, die Todesstrafe zu fordern. Diese kann im Bundesstaat Colorado bei besonders schweren Taten verhängt werden. Holmes soll am Freitag in Aurora bei Denver 12 Menschen getötet und 58 verletzt haben.

Die Öffentlichkeit bekam den mutmaßlichen Todesschützen seit dem Massaker erstmals zu Gesicht, alle großen US-Fernsehsender berichteten live aus dem Gerichtssaal. Holmes erschien mit grell rot und orange gefärbten Haaren in burgunderroter Gefängniskleidung. Er wirkte teilnahmslos und benommen und hatte anscheinend große Mühe, die Augen offen und den Kopf aufrecht zu halten. Beim Aufstehen musste ihn seine Pflichtverteidigerin stützen. Er ist nach Angaben der Staatsanwältin Carol Chambers in Isolationshaft.

Chambers sagte nach der Anhörung, es könne bis zu einem Jahr dauern, bis der Prozess eröffnet werde. Es gebe eine gewaltige Menge an Beweisen, die genau geprüft würden wie in jedem anderen Fall auch. Nicht ausgeschlossen sei auch die Beantragung der Todesstrafe. Ob es dazu komme, hänge vom Einverständnis der Opferfamilien ab. Es sei eine Entscheidung, die „sich viele Jahre auf sie auswirke“. Die Todesstrafe müsse innerhalb von 60 Tagen nach der Anklageerhebung beantragt werden. Sie wird in dem Bundesstaat äußerst selten verhängt.

Am Vorabend der Anhörung hatte US-Präsident Barack Obama der Opfer des Kino-Massakers gedacht und den Angehörigen der Toten Mitgefühl ausgesprochen. „Ich hatte Gelegenheit, einige Umarmungen zu schenken und Tränen zu vergießen“, sagte Obama in einer bewegenden Rede im Universitätskrankenhaus der Stadt Aurora.

Bisher habe Holmes keinerlei Angaben zu der Tat gemacht, sagte Auroras Polizeichef Dan Oates. Die Bundespolizei FBI hat laut dem Fernsehsender ABC Verhaltensforscher auf den Fall angesetzt, die ermitteln sollten, wie sich der junge Mann von einem begabten Studenten zum Hauptverdächtigen für einen der schlimmsten Massenmorde der US-Geschichte entwickelt habe. Er habe über Monate Waffen und Munition gesammelt und das Blutbad in dem Kino vermutlich von langer Hand geplant.

Wie mehrere US-Zeitungen berichteten, hätte das Massaker noch schlimmer ausgehen können. Das Sturmgewehr, mit dem der Täter um sich geschossen hatte, habe eine Ladehemmung gehabt. Dabei gehe es um eine halbautomatische Waffe, die 50 bis 60 Schüsse pro Minute abfeuern könne, hieß es unter Berufung auf namentlich nicht genannte Justiz-Mitarbeiter. Holmes habe rund 6000 Schuss Munition, das Trommelmagazin für 100 Patronen sowie eine schusssichere Weste vor wenigen Wochen im Internet bestellt, berichtete unter anderem die „New York Times“.

Der deutsche USA-Experte Henning Riecke erwartet nach der Bluttat keine Änderung der Waffenkultur in Amerika. „Tatsächlich ist es so, dass in den USA mehr als irgendwo sonst Verbrechen mit Feuerwaffen begangen werden. (...) Aber die Befürworter des Waffenrechtes ziehen eben gerade aus diesem Umstand das Argument, dass die Amerikaner eben auch Waffen tragen müssen, um sich zu verteidigen“, sagte der Wissenschaftler von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik der Nachrichtenagentur dpa.

Obama und sein republikanischer Kontrahent bei den Wahlen im November, Mitt Romney, nutzten den Amoklauf in Aurora nicht zu einer neuen Diskussion über das Waffenrecht. „Die Ansicht des Präsidenten ist, dass wir Schritte ergreifen können, um Waffen aus den Händen der Menschen zu halten, die sie nach existierenden Gesetzen nicht haben sollten“, sagte Obamas Sprecher Jay Carney vor Reportern.

Die Bluttat von Aurora hatte zu verschärften Sicherheitsmaßnahmen in vielen Kinos geführt. Vor vielen Türen standen Polizisten, private Wachleute sollten den Besuchern ein größeres Sicherheitsgefühl geben. Kinobesucher mussten Taschen und Rucksäcke öffnen. Berichte über Vorfälle gab es nicht. Auch in Deutschland sollen die Sicherheitsvorkehrungen bei der deutschlandweiten Premiere von „The Dark Knight Rises“ in dieser Woche teilweise verschärft werden.

Ungeachtet des Amoklaufs von Aurora hat der Batman-Film „The Dark Knight Rises“ an seinem ersten Wochenende den drittbesten Start der US-Kinogeschichte hingelegt. In den USA und Kanada spielte der Batman-Film nach Angaben der „Los Angeles Times“ vom Sonntag 160 Millionen Dollar (130 Millionen Euro) ein.

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