Mit 58 Freistil auf dem Rad

Bei den BMX-Masters in Köln zeigt Michael Veit aus Sprockhövel an diesem Wochenende, welche Tricks er drauf hat.

Sprockhövel. Wenn Michael Veit auf seinem 20-Zoll-Rad Runden dreht, stellt er sich bei Sprüchen wie: „Was will der Opa da auf dem Kinderrad!“ völlig taub. Denn für den 58-Jährigen aus Sprockhövel gibt es kaum etwas Schöneres als BMX-Flatland — eine Art Freistil auf zwei Rädern — zu fahren. Daher ist der Frührentner an diesem Wochenende bei den BMX-Masters in Köln, wenn er mit 20-Zoll-Fans aus aller Welt zusammentrifft und sich dem Wettkampf im BMX-Kunstradfahren stellt.

Der spät berufene Extremsportler ist damit nicht nur der älteste BMX-Fahrer seiner Heimatstadt, sondern wahrscheinlich der ganzen Welt. Bei szeneinternen Umfragen sei, so der 20-Zoll-Senior, noch kein Älterer gefunden worden. „Ich bin die BMX-Szene von Sprockhövel“, scherzt er über sein Alleinstellungsmerkmal. Umso mehr freut er sich auf seine Teilnahme an den BMX-Masters dieses Wochenende im Kölner Jugendpark — nicht nur, um unter seines Gleichen zu sein, sondern um die Profi-Fahrer zu treffen, die er sonst nur von Bildern und aus Videos kennt.

„Die haben keine Berührungsängste“, weiß Veit, der mit manchem internationalen Star bereits ein Bierchen trank. Vor allem die globale Flatland-Szene erlebt er sehr integer. Der BMX-Fahrer betreibt nicht nur einen Nischensport, sondern die Nische in der Nische — nämlich Flatland, dem Kunstradfahren unter der sonst auf spektakuläre Sprünge und Stürze ausgerichteten Szene.

„Das ist die hohe Schule des BMX“, ist er von der 20-Zoll-Disziplin überzeugt, die viel Zeit und Spucke fordert. „Du fährst zwei Jahre, bis du die Grundlagen beherrschst.“ Doch ohne sein BMX bekommt er Entzugserscheinungen. Dabei fing seine Leidenschaft so harmlos an. Mit einem BMX-Rad, das er seinem Sohn vor acht Jahren schenkte. Zwar entpuppte sich der Drahtesel als Schrott, doch nachdem der Vater das kleine Gefährt ausprobiert hatte, packte es ihn. Anders als sein Sohn, der sich inzwischen anderen Dingen widmet, will er fahren, bis die alten Knochen krachen.

„Ich hab alle Anfängerfehler gemacht“, erinnert sich der spät berufene BMX-Fan, der sich anfangs Filme aus den 80er Jahren zu Gemüte führte und dachte, BMX, das sei fahren im Matsch. „Ich hab so viel Dreck und Wurzeln gefressen“, erzählt er von schmerzhaften Versuchen, die ihn schnell auf die Spur des Flatland-Fahrens brachten. Zwar zählen auch dabei blaue Flecken zum sportlichen Markenzeichen, doch beim Training „fällt man nicht bei so hoher Geschwindigkeit und nicht so tief“.

Drei Mal die Woche trainiert der Junggebliebene selbstvergessen seine Combos, das Aneinanderreihen von Tricks, wie den Balanceakt auf Rahmen und Lenker. Was er jedoch bei den BMX-Masters zeigt, will er nicht verraten.

Voriges Jahr besorgte sich der große Kindskopf für den renommierten BMX-Wettkampf vier Sponsoren und meldete sich aus Scherz in der Profi-Klasse.

„Da stand mein Bild mehrere Wochen auf der Webseite unter den Großen der Szene“, erinnert er sich amüsiert. Bis ihn dann die Veranstalter nachdrücklich rieten, dass er in der Amateurklasse besser aufgehoben sei. Doch er blieb bei der Prämisse „Pro or no!“ und verpasste seinen zweiten großen Contest in Köln — er durfte nicht mitmachen. Diesmal hat er sich vorsorglich bei den Amateuren angemeldet.

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