Loveparade: Mängel bei der Planung

Gutachten belastet angeklagte Veranstalter und Beamte. Prozessbeginn am 8. Dezember.

Düsseldorf. Planungschaos und falsche Erwartungen: Ein für die Staatsanwaltschaft wichtiges Gutachten stützt vor dem Prozess um die Duisburger Loveparade-Katastrophe die wesentlichen Vorwürfe der Opfer und der Anklage gegen die Veranstalter. Unter anderem soll die Gefahr von Stockungen unterschätzt worden sein, außerdem habe man die Risiken durch mögliche Besucherstaus im Zugangstunnel zum Gelände nicht ausreichend bedacht.

In dem 2000 Seiten starken Gutachten hat der Sicherheitsexperte Jürgen Gerlach im Auftrag der Duisburger Staatsanwaltschaft untersucht, welche Fehler die Verantwortlichen bei der Planung und Genehmigung im Vorfeld des Festivals gemacht hatten. Bereits vor einigen Tagen hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, Gerlach stütze die Anklage. Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 waren bei einem Gedränge an der Zugangsrampe zum Partygelände 21 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 650 wurden verletzt.

Nach Gerlachs Gutachten sollen die „Vereinzelungsanlagen“ falsch konzipiert gewesen sein. Sie seien sehr unterschiedlich ausgefallen und nicht breit genug gewesen. Mit ihnen sollten vor sieben Jahren eigentlich die Besucherströme zum Loveparade-Gelände gesteuert werden.

Der Wuppertaler Professor Gerlach, ein Experte für Verkehrssicherheit und die Sicherheit bei Großveranstaltungen, kritisiert in seiner Arbeit demnach auch die Planungen für den Karl-Lehr-Tunnel, durch den die Festivalbesucher auf dem Weg zum Eingang gehen mussten. Diese enge Röhre sei der einzige Ab- und Zugang zum Gelände gewesen und somit ein Gefahrenpunkt. Man habe die Gefahr von Stockungen und Rückstaus im Tunnelbereich möglicherweise bei den Planungen unterschätzt.

Der Prozess gegen sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Beschäftigte des Veranstalters beginnt am 8. Dezember vor dem Landgericht Duisburg. Verhandelt wird aus Platzgründen in einem Saal im Düsseldorfer Kongresszentrum. Die Angeklagten müssen sich unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Bis Ende 2018 sind zunächst 111 Verhandlungstage eingeplant. lnw

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