Lehman-Opfer: Wir sind blank

Knapp 40 überwiegend ältere Demonstranten protestieren vor Düsseldorfer Banken.

Düsseldorf. Im nieseligen Herbstwetter wirken sie wie ein Häuflein Verlorener: Knapp 40 Männer und Frauen, die meisten von ihnen um das Rentenalter, stehen auf der Düsseldorfer Königsallee vor der Dresdner Bank.

Eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration - auch wenn unbeteiligte Passanten zweimal hinschauen müssen, um in der kleinen Menschenansammlung eine Protestkundgebung zu erkennen: Geübte Protestler sehen irgendwie anders aus...

Fast schon zaghaft halten einige der Demonstranten Protest-Plakate hoch - selbst gebastelt aus Pappkartons, Dachlatten und Computer-Ausdrucken: "Frau Merkel, wer hilft uns Kleinanlegern?" steht darauf, oder "Dresdner Bank + Die Berater Bank = Lehman Geschädigte". Der Versuch, gemeinsam "Wir sind blank - dank Dresdner Bank" zu skandieren, mag irgendwie nicht gelingen.

Dabei ist die Protest-Motivation der Demonstranten, die sich zur inzwischen bereits bundesweit tätigen "Interessengemeinschaft der durch Lehman Brothers Zertifikate geschädigten Personen" zusammengeschlossen haben, sehr hoch.

"Wir alle haben viel Geld verloren, weil wir von den Banken schlecht oder unzureichend beraten wurden und Zertifikate der Lehman Bank gekauft haben", sagt Manfred Lagarden, einer der Organisatoren der Düsseldorfer Protestaktion.

Bei ihm sind es exakt 20 309 Euro, die er wohl als Verlust verbuchen muss. "Meine verstorbene Frau hatte 25 Jahre bei der Dresdner Bank gearbeitet. Deshalb habe ich einer ihrer ehemaligen Kolleginnen vertraut, die mir Lehman-Zertifikate empfohlen hatte. Über das Risiko eines Totalverlustes wurde ich nie aufgeklärt." Versprochen wurden ihm aber 3,5 Prozent Zinsen statt der seinerzeit üblichen 1,5 Prozent.

Ähnlich ging es auch der Düsseldorferin Gisela Mork (77, Name geändert). Die Witwe hatte auf Zuraten ihres Citibank-Beraters für 50000 Euro Lehman-Zertifikate gekauft. "Das Geld ist jetzt wohl weg - obwohl ich damals gesagt hatte, dass ich das Geld sicher anlegen wollte", sagt Mork. "Jetzt sehe ich meinen Lebensabend in Gefahr." Ob sie gegen die Bank klagen wird, überlegt sie noch: "Ich will nicht auch noch die hohen Rechtsanwaltskosten zahlen und am Ende ganz mit leeren Händen dastehen."

Die beabsichtigte Klage der Verbraucherzentrale gegen Citibank und andere Geldinstitute, die Lehman-Zertifikate verkauft hatten, sieht Lehman-Opfer Lagarden eher skeptisch: "Ich glaube nicht, dass deren Einfluss ausreichen wird." Stattdessen hofft er auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin): "Sie soll bei den Banken durchsetzen, dass nicht nur die großen Anleger wie Kommunen und Kirchen entschädigt werden, sondern auch wir Kleinanleger."

In der Dresdner Bank, in deren Räumen die Demonstranten dann protestieren wollen, weist man die Demonstranten zurück. "Der Vorwurf, die Dresdner Bank habe ihre Kunden getäuscht, ist völlig haltlos", sagt Geschäftsleiter Uwe Busch. "Wir haben definitiv kein Interesse daran, dass Kunden hier Geld verlieren. Falls Kunden im Einzelfall die Einhaltung unserer professionellen Standards in der Beratung beanstanden, werden wir dies selbstverständlich überprüfen." Jede Beschwerde werde an die neutrale Ombudsmann-Stelle in der Zentrale der Bank weitergeleitet.

Die Demonstranten tauschen schließlich ihre Dresdner-Bank-Protestplakate gegen Citi-Bank-Schilder aus, ziehen zwei Straßen weiter und versuchen sich vor der Citibank-Filiale erneut im Skandieren. Diesmal: "Wir sind blank, dank Citibank".

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