Lage in Fukushima bleibt ernst

Tokio (dpa) - Auch drei Wochen nach dem gewaltigen Erdbeben muss Japan mit der Gefahr eines Super-GAUs im Atomkraftwerk Fukushima leben. Die Lage in der Ruine bleibt extrem gefährlich, noch immer tritt Radioaktivität aus.

Im Wasser unter dem Atom-Wrack wurde ein 10 000-fach erhöhter Wert von Jod-131 gemessen. Die Strahlenbelastung im Meer vor Fukushima stieg auf neue Höchstwerte. Dennoch lehnt die japanische Regierung es ab, mehr Menschen in Sicherheit zu bringen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verteidigte bei einem Besuch in Tokio die Atomenergie als wichtiges Instrument zum Klimaschutz. Sarkozy ist der erste ausländische Staatschef, der Japan seit der Atom-Katastrophe besucht. Die Welt brauche Atomkraft, um den Klimawandel zu bekämpfen, sagte er laut der Nachrichtenagentur Kyodo.

Sarkozy forderte, dass die internationale Gemeinschaft über neue AKW-Sicherheitsstandards diskutieren sollte. Das Thema Sicherheit der Atomkraft müsse auch beim nächsten G-8-Gipfel Ende Mai in Frankreich zur Sprache kommen, sagte Ministerpräsident Naoto Kan. Japan werde aufgrund der Krise im Kraftwerk Fukushima Eins seine Atompolitik überprüfen, kündigte Kan an. Er regte an, Pläne zum Bau neuer Kernkraftwerke „grundlegend zu überdenken“.

Am Samstag wird auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) Japan besuchen. Mit dem Abstecher nach Tokio wolle er Deutschlands Solidarität mit dem schwer getroffenen japanischen Volk zum Ausdruck bringen.

Mittlerweile hat die Betreiberfirma des Krisen-AKW damit begonnen, verstrahlte Trümmer mit Kunstharz zu besprühen, musste die Versuche aber wegen Regens wieder stoppen. Mit dem Kunstharz will Tepco unter anderem die Ausbreitung von radioaktivem Staub verhindern.

Unterdessen ist eine weitere deutsche Riesen-Pumpe auf dem Weg nach Fukushima. Das Gerät des Pumpenherstellers Putzmeister soll bei der Kühlung der überhitzten Atommeiler in Japan helfen. Eine erste Putzmeister-Pumpe spritzt seit längerem Wasser auf die Reaktoren.

Wegen der hohen Strahlenwerte im 40 Kilometer von Fukushima entfernten Ort Iitate hatte die Atomenergiebehörde IAEA in Wien geraten, den 7000-Einwohner-Ort zu räumen. Greenpeace hatte nach eigenen Messungen eine Ausweitung der Evakuierungszone rund um das AKW von 20 auf 40 Kilometer verlangt. Es gebe im Moment keine sofortigen Pläne für einen solchen Schritt, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Man werde aber den Boden um das AKW intensiver auf Strahlen untersuchen.

Das Gesundheitsministerium berichtete am Donnerstag, die Behörden hätten in Rindfleisch aus der Präfektur Fukushima eine erhöhte Strahlung gemessen. Der Wert für Cäsium habe leicht über dem Grenzwert gelegen.

Die hohe Strahlenbelastung hat auch Folgen für die Aufräumarbeiten nach der Erdbebenkatastrophe vom 11. März. Bis zu 1000 Leichen konnten in Fukushima noch nicht geborgen werden, wie Kyodo unter Berufung auf die Polizei meldete. Die Leichen in der Evakuierungszone seien hoher Strahlung ausgesetzt gewesen. Man befürchte, dass Bergungsteams zu viel Strahlung abbekommen könnten.

Immerhin weht der Wind für die Menschen in der Millionen-Metropole Tokio derzeit günstig. Der größte Teil der radioaktiven Partikel, die aus dem Katastrophenkraftwerk Fukushima Eins frei werden, dürfte weiterhin auf den Pazifik getragen werden, sagten Wetterforscher voraus. Aber ein Teil ziehe am Sonntag entlang der Küste auch nach Süden und könne die Region Tokio-Yokohama erreichen.

Rund drei Wochen nach dem verheerenden Erdbeben vom 11. März gehen im Nordosten Japans die Aufräumarbeiten weiter. Tausende Menschen werden noch vermisst. Etwa 11 400 Tote wurden bisher gezählt. Am Donnerstag wurde die Region erneut von einem starken Nachbeben erschüttert. Der Erdstoß hatte eine Stärke von 6,0.

Viele Überlebende der Beben- und Tsunami-Katastrophe harren weiter in Notlagern aus. Vor allem für die vielen alten Menschen ist es immer anstrengender, auf den harten Lagern in den Notunterkünften zu schlafen. In der Region regnet es immer wieder. Die Temperaturen liegen morgens immer noch um den Gefrierpunkt. Es werden zwar inzwischen Notbehausungen gebaut. Sie reichen aber noch nicht aus.

Auch Japans Kaiser Akihito steht den Opfern mit Gesten der Solidarität bei. Erstmals traf er direkt mit Überlebenden zusammen. Zusammen mit seiner Frau Michiko nahm sich der Monarch eine Stunde Zeit, um in der Budokan-Halle der Hauptstadt rund 290 Flüchtlingen Trost zu spenden. Um auf gleicher Augenhöhe mit den Menschen zu sprechen, kniete sich der 77-jährige Kaiser vor den Opfern hin.

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