Kuscheljustiz? Polizeigewerkschaft fordert Mindeststrafen

Zwei Bewährungsurteile innerhalb von einer Woche in Düsseldorf empören die GdP: „Viele Kollegen sind frustriert.“

Die Polizeigewerkschaften fordern Mindeststrafen für Straftäter

Die Polizeigewerkschaften fordern Mindeststrafen für Straftäter

Foto: dpa

Düsseldorf. Es waren zwei Urteile des Düsseldorfer Amtsgerichts innerhalb von einer Woche, die für viel Unverständnis sorgten. So kamen drei Mitglieder eines Familien-Clans, die Polizeibeamte massiv attackiert, geschlagen und getreten hatten, mit Bewährungsstrafen davon. Gestern verließ ein 26-Jähriger das Gericht als freier Mann. Er hatte eine 18-Jährige in der Altstadt sexuell attackiert, der Schülerin unter den Rock gefasst und ihr kräftig in die Scheide gekniffen. Das Urteil: ein Monat Haft auf Bewährung.

„Unsere Beamten sind empört, was da vor Gericht abläuft“, kritisiert Harald Walter, Kreisvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die nach seiner Meinung oft zu milden Urteile: „Viele Kollegen sind frustriert.“ Die Justiz müsse gerade wegen der aktuellen gesellschaftlichen Probleme mehr Fingerspitzengefühl entwickelt, so Walter. Solche Urteile hätten keine abschreckende Wirkung mehr.

Die GdP fordert, dass Polizeibeamte und Rettungskräfte von der Justiz besser geschützt werden. Vor Gericht würden solche Delikte oft bagatellisiert und mit Geld- oder Bewährungsstrafen geahndet. Stattdessen fordert die Gewerkschaft, dass der Gesetzgeber eine Mindeststrafe von drei Monaten festlegt. In anderen Bundesländern sind solche Initiativen schon auf dem Weg.

Im ersten Fall hatte eine Gruppe von rund 40 Randalierern sechs Polizisten, darunter zwei Praktikanten, nachts eingekesselt und dann körperlich attackiert. Es waren 15 Streifenwagen erforderlich, um den Familien-Clan zu beruhigen. Der Haupttäter wurde zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt, obwohl er massivvorbelastet und schon einmal zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war.

Kopfschüttelnd verließen die Zuschauer auch gestern den Gerichtssaal. Die Schülerin hatte geschildert, wie der 26-Jährige plötzlich aus einer Gruppe auf sie zulief und ihr unter den Rock fasste: „Ich war völlig perplex.“ Zumal sie in Begleitung von vier männlichen Bekannten war. Ein 24-Jähriger Student sagte aus, der Angeklagte sei sehr aggressiv gewesen und lief noch drohend hinter der Gruppe her. Doch weil der Mann bisher noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten ist, entschied sich die Amtsrichterin für die Bewährungsstrafe. „Mit so einem Urteil macht man Frauen zu Freiwild“, so der Kommentar eines Freundes der Schülerin.

„Das ist inzwischen keine Bürgerjustiz mehr“, erklärte der bekannte Düsseldorfer Strafverteidiger Martin Lauppe-Assmann dazu. „Wer mit einem Angeklagten so gnädig umgeht, der ist ungnädig mit dem Opfer.“ Auch er fordert eine Kehrtwende weg von der „Kuscheljustiz“.

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