Kriminalität: Die Zigarettenmafia macht Gewinne wie im Drogenhandel

Dem Zoll gelingt der größte Schlag gegen den Schmuggel. 640 Millionen unversteuerte Zigaretten wurden beschlagnahmt.

Köln. Deutschen Zollfahndern ist nach eigenen Angaben der bislang größte Schlag gegen den organisierten Zigarettenschmuggel gelungen. In Zusammenarbeit mit Beamten in Belgien und Griechenland sprengte der Zoll nach zweijährigen Ermittlungen eine international agierende Schmugglerbande und beschlagnahmte dabei rund 640 Millionen unversteuerte Zigaretten. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Jahr waren es in Deutschland 465 Millionen.

In Deutschland, Belgien und Griechenland wurden 28 Personen festgenommen, allein in Deutschland wird gegen 79 ermittelt. Der Steuerschaden in den betroffenen EU-Ländern betrage 108 Millionen Euro, teilten Freitag das Zollkriminalamt Köln, das Zollfahndungsamt Hannover und Vertreter mehrerer Staatsanwaltschaften mit.

Die Arbeit der Zollfahnder sei durch eine straffe Organisation der Bande erschwert worden, sagte Jürgen Heise vom Zollfahndungsamt Hannover. "Die Hinterleute vermieden den direkten Kontakt mit der Ware. Das machte es uns doppelt schwer." Die Schmuggler hätten zudem ihre Gespräche verschlüsselt, in Telefonaten sei aus "Brüssel" beispielsweise "Bruce Lee" geworden.

Die Schmuggler verfügten nach Angaben der Ermittler über eine derart große Marktmacht, dass der legale Zigarettenhandel ernsthaft bedroht war. So sei es der Bande gelungen, neben der in einschlägigen Kreisen bekannten Marke "Jin Ling" selbst unbekannte Sorten mit Namen wie "Park", "Medaillon" und "Memphis" auf dem Markt zu etablieren. "Die Gewinnmarge ist ähnlich hoch wie beim Drogenverkauf", hieß es. Gehandelt wurde aber auch mit gefälschter Ware.

Als doppelt gefährlich könnten sich die unversteuerten Glimmstängel nach Behördenangaben für die Endabnehmer erweisen, da die Bande auch Fälschungen etablierter Marken an den Mann brachte. Diese Fälschungen seien oft kaum als solche erkennbar - von den unbekannten Tabaken und womöglich weiteren beigemischten Giftstoffen wie Arsen, Cadmium und Blei könnten beim Rauchen zusätzliche Gesundheitsgefahren ausgehen.

Neben beschlagnahmten Zigaretten zeigten die Fahnder auch sichergestellte Waffen und unterstrichen damit die Gewaltbereitschaft des Netzwerks, das die Ermittler der organisierten Kriminalität zuordnen.

Im Jahr 2006 hatten die Ermittler ein Lager im Raum Bielefeld ausgehoben, das als Umschlagplatz für die nach Deutschland geschmuggelten Zigaretten diente. Von hier aus verfolgten die Fahnder den Weg der Ware über Belgien bis nach Griechenland zurück.

"Die Drahtzieher haben in Griechenland ein luxuriöses Leben geführt", sagte Wolfgang Schmitz, Sprecher des Kölner Zollkriminalamts. Mit Festnahmen in Belgien im April und in Griechenland im Juni diesen Jahres konnte der Schmugglerring schließlich zerschlagen werden.

Die Fahnder berichteten von einer beispiellosen Organisation mit klaren Strukturen. "Es gibt in diesem Bereich eine Art Parallelgesellschaft, die uns so noch nicht unterkommen ist. Mit Gewalt, Kriminalität und einer eigenen Justiz", sagte Heise. Vom Drahtzieher bis zum Endverbraucher würden alle wissen, dass es sich um Schmuggelware handelt. Die Dunkelziffer der Mittäter sei sehr groß. "Hundert, Tausend, Millionen wahrscheinlich", so Heise. "Jeder, der unversteuerte Zigaretten kauft, macht sich strafbar", erinnerte Schmitz.

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