Kreuzzug gegen die Mafia

Mehr als 30 Verdächtige in San Luca festgenommen. Die Duisburger Killer waren nicht dabei.

<strong>San Luca/Duisburg. San Luca, das wussten die Ermittler seit Jahren, gilt als die Hochburg der kalabrischen Mafia-Organisation ’Ndrangheta schlechthin. Immer wieder fielen dort seit 1991 Menschen einer blutigen Familienfehde zum Opfer, Drogen- und Waffenhandel sowie die Angst sind seit langem die ständigen Begleiter der Bürger. Aber erst jetzt, nach den Todesschüssen auf sechs Italiener in der Nacht zum 15. August in Duisburg, kam es zu einem Großeinsatz gegen die Clans des Örtchens.

Mehr als 40 Haftbefehle und mehr als 30 Festnahmen sind das Resultat der gestrigen Aktion. Den Mafiosi werden unter anderem Mord, Waffenschmuggel und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. "Dies ist ein erster wichtiger Erfolg gegen die Mafia-Clans in der Gegend", brachte es Staatsanwalt Franco Scuderi auf den Punkt. Dennoch: Die Mörder von Duisburg wurden bei der Operation nicht gefasst.

Die Szene im Morgengrauen wirkt wie in einem Film: Klammheimlich umstellen 500 Beamte das kalabrische 4200-Seelen-Dorf, Hubschrauber tauchen den noch dunklen Himmel in gleißendes Licht und reißen die Einwohner abrupt aus dem Schlaf. Die Aktion war gut vorbereitet, alle Fluchtmöglichkeiten sollten versperrt werden. Polizei und Carabinieri durchsuchten Haus um Haus - und wurden fündig.

Der oberste Antimafia-Staatsanwalt Pietro Grasso zeigte sich jedoch sehr optimistisch und erklärte, nun gebe es die Hoffnung, dass die Blutfehde endlich beendet werden könne. Immerhin gehört ein großer Teil der Inhaftierten den verfeindeten Familienclans Strangio-Nirta und Pelle-Romeo an. Das italienische Fernsehen war da schon pessimistischer und kommentierte in den Mittagsnachrichten: "Bis in dem Ort niemand sagt ,Es reicht!’, wird hier weiter Blut fließen."

Sicher ist immerhin, dass sich nach den Todesschüssen von Duisburg etwas bewegt. So wurde ebenfalls am Donnerstag bekannt, dass die deutsche Polizei mittlerweile eine "vielversprechende Spur" verfolgt. Schon bei der Groß-Razzia am vergangenen Freitag sei man "schon ganz nah dran an den Burschen gewesen", wird ein Behördensprecher zitiert. "Die Voraussetzungen sind erfüllt, um zur Wahrheit über die tragische Tat zu gelangen", erklärte jedenfalls Scuderi.

Bild Im Duisburger Restaurant "Da Bruno" wurde ein kleines, angebranntes Bild mit dem Erzengel Gabriel (zu deutsch "Held Gottes") gefunden (Foto). Solche Heiligenbildchen gehören zum Aufnahmeritual der Mafia.

Heilige Das Ritual selbst grenzt an Kitsch: Der angehende Ehrenmann Mafioso hält ein mit seinem Blut bespritztes, brennendes Heiligenbildchen in der Hand. Der Pate spricht dazu die Worte: "Wenn du die ’Ndrangheta verrätst, wird dein Fleisch brennen wie dieser Heilige." Während die Flammen den Heiligen verzehren, schwört der Novize Gehorsam und Schweigsamkeit bis in den Tod.

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