Klinikskandal in Wegberg: Sechs Patienten zu Tode behandelt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen elf Mediziner.

<strong>Wegberg. Im St.-Antonius-Krankenhauses Wegberg bei Heinsberg sind sechs Patienten nach schweren Behandlungsfehlern gestorben. Das teilte die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach gestern mit. Sie berief sich auf Aussagen von Gutachtern. Fehler habe es auch bei 13 weiteren Patienten zwischen 50 und 92 Jahren gegeben. Einige seien ebenfalls gestorben. Ihr Tod stehe jedoch nicht im Zusammenhang mit der Behandlung. In zehn Fällen seien Patienten falsch oder unnötig operiert worden, bei fünf anderen sei nicht steriler Zitronensaft zu Desinfektionszwecken genutzt worden. Einige Patienten seien auch mehrfach falsch behandelt worden. In vier Fällen stehen Gutachten noch aus.

Klinikleiter wurde die Zulassung als Arzt entzogen

Gegen Klinikleiter Arnold Pier wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die Bezirksregierung Köln hatte dem Chirurgen bereits die Zulassung als Arzt entzogen. Zehn weitere Ärzte stehen unter Verdacht der Tatbeteiligung oder der unterlassenen Hilfeleistung.

Zu den Behandlungsfehlern sollen unnötige Organentnahmen gehören. "Einmal wurde einem Patienten die Gallenblase entnommen, obwohl es keine medizinische Notwendigkeit gab", sagte Lothar Gathen von der Staatsanwaltschaft. Bei einem anderen Patienten sei fälschlich ein Tumor festgestellt worden. Aufgrund dieser Fehldiagnose sei der Patient operiert worden.

Der nicht sterile Zitronensaft soll zum Teil äußerlich verwendet oder auch direkt in die Wunden oder in den geöffneten Bauchraum gebracht worden sein. "Den Saft hat man wie zu Hause mit einer frischen Zitrone auf einer Presse hergestellt", sagte Gathen. Die Anwendung habe für die Patienten zu einem erhöhten Infektionsrisiko geführt.

Die Ermittlungen waren nach einer anonymen Anzeige ins Rollen gekommen. Noch im März waren die Ermittler von zwei Todesfällen ausgegangen. Bei einer 78-jährigen Frau soll die Darmnaht undicht gewesen sein. Bei einem 69-Jährigen soll mangelnde Hygiene tödliche Folgen gehabt haben. Nach der Vernehmung von Pflegern, Angehörigen und Patienten hatte die Staatsanwaltschaft im April mit der Untersuchung von 25Fällen begonnen.

Verkauf Anfang 2006 kaufte Arnold Pier das Objekt für nur 26000 Euro - die Stadt war offenbar froh, das Krankenhaus los zu sein. Der Chirurg operierte seit Januar 2006 regelmäßig selbst, im März wurde ihm durch die Bezirksregierung Köln die Approbation entzogen.

Sparkonzept Der neue Besitzer legte einen harten Sanierungsplan für die Klinik vor. Vier Millionen Euro sollten durch Lohnkürzungen gespart werden. Seit dem Führungswechsel verließen 30Mitarbeiter das Haus.

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