Kleinkrieg im Trüffelparadies

Feinschmecker zahlen bis 2000 Euro für ein Kilo der Pilze. In Frankreich haben Bauern gegen Diebe aufgerüstet — es hat bereits Tote gegeben.

Paris. Sie ist schwarz, fühlt sich im Dreck am wohlsten und kostet ein kleines Vermögen. Für die „Tuber Melanosporum“, so die lateinische Bezeichnung der schwarzen Trüffel, blättern Feinschmecker im Extremfall bis zu 2000 Euro hin. Je Kilo versteht sich.

Die schwarze Trüffel, in Gourmetkreisen schwärmerisch zum „schwarzen Diamanten“ erhoben, ist der Star der französischen Küche — und zugleich ein Objekt der Begierde, das in Südfrankreich einen mörderischen Kleinkrieg ausgelöst hat.

Landwirt Laurent Rambaud aus Grignan hat sogar selbst zur Waffe gegriffen. Bei einem Kontrollgang vor wenigen Tagen sieht er die Umrisse eines schwarz gekleideten, korpulenten Mannes und seines Hundes.

Er zögert nicht lang und drück den Abzug seines Gewehrs. Zuerst zielt er auf die Beine, dann trifft ein zweiter, tödlicher Schuss den Kopf. Der mutmaßliche Trüffeldieb ist der Polizei kein Unbekannter. Er war mal wegen Autodiebstählen mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Nun liegt er tot auf dem Acker.

Der Höhepunkt einer Entwicklung, die begann, als vor Monaten die Preise für die begehrten Pilze in die Höhe schossen. Von Idylle im Trüffelparadies kann seitdem keine Rede sein, eher von organisierter Kriminalität.

Diebe streifen in Tarnkleidung durch die fruchtbaren Fluren und führen Hunde mit besonders feiner Schnüffelnase mit sich. Die meisten Trüffelbauern haben deshalb aufgerüstet. Infrarot-Nachtsichtgeräte sind für sie ein ebenso unverzichtbares Utensil geworden wie Spaten und Trecker.

Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem die Trüffelbauern allerdings meist die schlechteren Karten haben. „Wenn du jemanden stellst, gibt er sich als Spaziergänger aus, was willst du da machen?“, sagt ein Bauer. Von Mundraub kann in der Region von Tricastin längst keine Rede mehr sein.

In diesem Landstrich, in dem 80 Prozent aller schwarzen Trüffeln Frankreichs geerntet werden, ist der Verlust besonders groß. Eric Solier, der Präsident der Trüffel-Genossenschaft, schätzt, dass bis zu 15 Prozent der Ernte gestohlen wird: ein Schaden, der in die Millionen geht.

Auch nach dem Todesschuss kommt die Region nicht zur Ruhe. Hunderte Bauern demonstrieren tagelang gegen den Trüffel-Klau. Sie sehen Rambaud eher als Opfer. Der Todesschütze sagt, er habe „aus Angst“ geschossen. Die Ermittler werfen ihm vor, vorsätzlich getötet zu haben.

Der mutmaßliche Trüffeldieb trug lediglich eine Hacke bei sich, außerdem fanden die Ermittler in seinem in der Nähe abgestellten Auto vier Trüffelknollen.

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