Keupstraßenanschlag: „Ja, wir schaffen das miteinander“

Joachim Gauck ist fasziniert von dem Gefühl der Solidarität in Köln — zehn Jahre nach dem Nagelbombenanschlag.

Keupstraßenanschlag: „Ja, wir schaffen das miteinander“
Foto: Roland Weihrauch

Köln. Das ganze Pfingstwochenende hat Köln an den fremdenfeindlichen Nagelbombenanschlag auf der Keupstraße vor zehn Jahren erinnert. Nicht traurig, sondern vielfältig, fröhlich und kritisch. Bundespräsident Joachim Gauck rief dazu auf, gegen fremdenfeindliche Gewalt zusammenzustehen. Zum Auftakt einer großen Kundgebung in der Nähe des Anschlagsorts erinnerte er am Montag an den Terror des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und sagte: „Mehr als zehn Jahre lang haben die Mitglieder einer rechtsextremistischen Bande unerkannt rauben, morden und Anschläge wie den in der Keupstraße tätigen können.“

Dicht gedrängt gedachten die Menschen am Montag auf der Kölner Keupstraße des Anschlags.

Dicht gedrängt gedachten die Menschen am Montag auf der Kölner Keupstraße des Anschlags.

Foto: dpa

Köln beantworte den Hass der Wenigen mit dem Mitgefühl und der Solidarität der Vielen, sagte Gauck. Das dreitägige Kölner Gedenkfest am Pfingstwochenende sei ein Geschenk für ganz Deutschland. „Heute stehen wir zusammen.“ Es gehe um ein „Land, in dem wir ohne Angst verschieden sein können“. Jeder könne und müsse dazu im Alltag seinen Beitrag leisten.

"Birlikte": Köln gedenkt der Opfer des Attentats in der Keupstraße
37 Bilder

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Als Zeichen gegen Rechts organisierte Köln das Fest „Birlikte — Zusammenstehen“. Schon am Sonntag wurde fröhlich gefeiert in den Geschäften und Hinterhöfen der Keupstraße, die als ein Zentrum des türkischen Geschäftslebens in Köln gilt. Auf über 30 Bühnen spielte Musik, liefen Filme, wurde vorgelesen.

Immer wieder wurde das Versagen der Behörden angesprochen. „Die falschen Verdächtigungen der Behörden waren für mich der eigentliche Anschlag, fast noch schlimmer als die Tat selbst“, sagt Uzay Özdag, der in einer Familienkonditorei in der Keupstraße arbeitet.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte bei einer Podiumsdiskussion: „Ich schäme mich dafür, dass der deutsche Staat es nicht geschafft hat über so viele Jahre, dafür zu sorgen, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger besser geschützt wurden.“ Höhepunkt des Festes war die Abschlusskundgebung am Montag Abend vor mehreren Zehntausend Zuschauern. Dabei auch Sänger wie Wolfgang Niedecken, Peter Maffay und Udo Lindenberg. Als Joachim Gauck die Abschlusskundgebung eröffnet, macht er einen gelösten Eindruck. Er komme gerade aus der Keupstraße. „Ich war gefasst auf eine Begegnung mit Schmerz und Trauer, vielleicht auch mit Frustration. Und ich gehe raus aus der Straße: total begeistert von dem Geist, der mir dort begegnet ist. Von diesem ‘Ja, wir schaffen das miteinander, ja, das ist unsere Heimat’.“

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