Katholische Kirche: Zweifel an der Renaissance der lateinischen Messfeier

Nach einem Papstdekret dürfen Gottesdienste wieder nach altem Ritus gefeiert werden. Mit einer großen Resonanz ist aber nicht zu rechnen.

Düsseldorf. Es wird Diskussionen geben in den katholischen Gemeinden landauf, landab - so viel ist sicher. Eine grundsätzliche Veränderung ist nach der Entscheidung von Papst Benedikt XVI. zur lateinischen Messe aber nicht zu erwarten: Mit dem am Wochenende veröffentlichten päpstlichen Dekret werden die Möglichkeiten, die Messfeier nach altem Ritus zu feiern, erweitert. Ob dies tatsächlich genutzt wird, entscheiden die Gläubigen und ihr Priester vor Ort. Klassische Tridentinische Messen sind bereits heute möglich, wie Martina Höhns, Sprecherin der Deutschen Bischofskonferenz, erklärt. Neu ist, dass diese nun nicht mehr vom jeweiligen Bischof genehmigt werden müssen, wie es bislang noch der Fall ist. Ihre Durchführung als "außerordentliche Form" wird damit einfacher - der moderne Ritus bleibt allerdings in den Gemeinden die Regel.

Jüngere Priester müssen sich den alten Ritus erst aneignen

In Pfarreien, in denen eine feste Gruppe von Gläubigen auch Angebote in klassischer Form haben möchte, soll der Priester - so das Schreiben des Papstes - diesen Wunsch bereitwillig aufnehmen. Wie sich dies in der alltäglichen Praxis der Gemeinden auswirke, sei derzeit reine Spekulation, sagt Stephan Georg Schmidt, Sprecher des Erzbistums Köln. Erst am 14. September tritt das Dekret des Papstes in Kraft. In ihren nächsten Sitzungen im August und September wollen sich die deutschen Bischöfe mit der Umsetzung befassen. Nun müsse insbesondere abgewartet werden, welchen Bedarf es in den Gemeinden gebe, erläutert Schmidt. Laut einer Umfrage der Bischofskonferenz aus dem vergangenen Herbst gibt es bereits ein flächendeckendes Angebot von Messen im klassischen Ritus, der Bedarf sei gedeckt. Der Düsseldorfer Stadtdechant Rolf Steinhäuser rechnet nicht damit, dass es einen neuen Boom geben wird. "Ich habe noch nie eine solche Nachfrage gehabt. Allerdings haben die Gläubigen jetzt einen Anspruch auf diese Liturgie." Voraussetzung für eine Messfeier nach altem Ritus ist allerdings, dass der Priester auch in der Lage ist, dies umzusetzen - was heute nicht mehr selbstverständlich ist. Zwar sind nach Angaben der Bischofskonferenz Lateinkenntnisse und liturgische Bildung weiterhin fester Bestandteil der Ausbildung. Gerade jüngere Priester müssten sich den klassischen Ritus allerdings in der Regel erst aneignen, sagt Sprecherin Martina Höhns.

Kritiker sehen im Dekret eine "Verbeugung vor Ewiggestrigen"

Höhns geht davon aus, dass sich nicht nur ältere Gläubige für den alten Ritus interessieren, weil sie ihn noch aus ihrer Jugendzeit kennen. Auch unter jüngeren Menschen gebe es Gläubige, die sich davon angesprochen fühlten. Den alten Ritus macht dabei nicht allein die lateinischen Sprache aus. Auch in der neuen Form kann diese genutzt werden. Als auffälligstes Merkmal gilt vielmehr, dass der Priester bei der Eucharistiefeier der Gemeinde den Rücken zuwendet. Gerade dieser Umstand ruft die Kritiker des Dekrets auf den Plan. Mit dem alten Ritus werde der Priester wieder zum alleinigen Vermittler zwischen Gläubigen und Gott, das Miteinander stehe zurück, sagte Annegret Laakmann von der Bewegung "Wir sind Kirche". Sie sieht in dem Dekret eine "Verbeugung vor den Ewiggestrigen". Und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) glaubt, dass sich "die übergroße Mehrheit" der Katholiken die Messfeier in ihrer eigenen Sprache wünsche. Die Bischofskonferenz sieht in dem Zugehen auf Traditionalisten dagegen einen Beitrag zur Versöhnung in der Kirche. Messfeiern nach altem und neuem Ritus Tridentinische Messe Die klassische Form der Messfeier geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Die Messe wird auf Latein gelesen. Als wichtigstes Merkmal gilt, dass der Priester der Gemeinde während der Eucharistiefeier den Rücken zuwendet. Er ist der einzig Handelnde in der Messe. Zu Beginn der Messfeier betet er im Wechsel mit den Ministranten das so genannte Stufengebet: Dazu gehören Teile aus einem Psalm und ein Schuldbekenntnis. Es gibt keine Fürbitten und keinen Friedensgruß. Während der Wandlung betet er das Hochgebet leise. Begleitende Gesten bleiben den Gläubigen ebenfalls verborgen. Neuer Ritus Die neuer Form der Messe wurde vom Zweiten Vatikanischen Konzil beschlossen und 1970 von Papst Paul VI. in Kraft gesetzt. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, dass die Gläubigen einen stärkeren Anteil an der Messe haben sollen. Sie wird daher in der Landessprache gehalten. Auch während der Eucharistiefeier werden die Gläubigen miteinbezogen.

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