James Bowen und sein Kater: Ein Duo auf sechs Beinen

Seit Straßenmusiker James Bowen der Kater Bob zulief, hat sich sein Leben grundlegend geändert. Eine Geschichte mit Happy End.

London. Kater rettet Drogenabhängigen — klingt nach einer herzerwärmenden Geschichte. Ist es auch. Denn Bob, ein kleiner Vierbeiner mit Riesen-Ego, hat vor sechs Jahren den Londoner Straßenmusiker James Bowen adoptiert und dessen Leben radikal umgekrempelt. Die Geschichte ihrer Freundschaft erscheint heute als Buch in Deutschland.

Bob, die eindeutig prominentere Hälfte dieses Männer-Duos, hat es sich in der 16. Etage eines Verlagsgebäudes auf dem Teppich bequem gemacht. Er sonnt sein rotes Fell, blinzelt desinteressiert in die Kameras und lässt sich vom Rummel nichts anhaben.

Bob ist Profi: Jahrelang ist er mit James, einem netten, aber problematischen Zweibeiner durch London getingelt, zur Hauptverkehrszeit, unter Tausenden Fremden, durchs Getöse. Pressetermine sind für den Promi-Kater dagegen ein Spaziergang.

Dabei war Bobs Leben nicht immer so entspannt. 2007, als er verletzt auf der Türschwelle von James hockte, hätte man gar nicht sagen können, wem es dreckiger ging — diesem Kater mit dem tiefen Fuchsbiss oder dem Straßenmusiker, der sich nachts am Heroin wärmte und tagsüber für seine Sucht klauen ging. Der Streuner tat James Bowen Leid. Er brachte ihn zum Tierschutzverein, wo er verarztet wurde.

Seitdem wich er James nicht mehr von der Seite, folgte ihm in den Bus, ging mit ihm zur Arbeit. Mit der Anziehungskraft des Katers hätte Bowen nie gerechnet. Kaum saßen die beiden am Covent Garden und James zückte die Gitarre, regnete es Münzen. Menschen blieben stehen, die den Musiker zuvor keines Blickes gewürdigt hatten. „Es war, als wäre ich unsichtbar gewesen“, sagt er, „mit Bob haben die Leute auch mich zum ersten Mal wahrgenommen.“

Der ungewöhnlich urbane Taschentiger hatte rasch eine Fan-Schar — und James eine Menge Neider. Weil die beiden erst als Straßenmusiker und später als Verkäufer der Obdachlosenzeitung mehr Geld machten als andere, türmte sich nicht nur das Kleingeld, sondern auch der zwischenmenschliche Zoff.

Bob gab James jedoch erstmals einen Grund, sein Leben aufzuräumen. „Wegen ihm hatte ich erstmals einen geregelten Tagesablauf, wurde zum ersten Mal gebraucht“, so der 33-Jährige. Nach zehn Jahren Sucht rang er sich zum Drogenentzug durch. Das könnte fast schon das Happy End sein, wenn nicht eines Tages eine Buch-Agentin auf die beiden aufmerksam geworden wäre.

Voriges Jahr ist ihr Buch auf Englisch erschienen und auf Platz eins der Bestseller-Liste geklettert. James muss sich heute keine Sorgen mehr machen, dass ihm der Strom abgeklemmt wird. Und Bob hat mittlerweile einen Kleiderschrank voller Halsbänder, Stofftiere und Decken, die ihm Menschen aus der ganzen Welt schicken. „Wir haben endlich Seelenfrieden“, sagt James.

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