Jackpot aus dem Netz – folgenloser Rechtsbruch

Eigentlich ist Internet-Lotto in Deutschland verboten. Doch die Behörden sind machtlos.

Hamburg. Es ist ein warmer Geldregen im Frühherbst: 31,7 Millionen Euro soll ein Tipper bekommen, der sich an einem Angebot des Glücksspiel-Anbieters Tipp24.com beteiligt hat. So ganz sorgenfrei kann der Gewinner ob seines Lottoglücks eigentlich nicht sein.

Rechtlich betrachtet hat er - sofern er seine Kreuzchen an einem Rechner gemacht hat, der auf deutschem Boden steht - an verbotenem Glücksspiel teilgenommen. De facto kann dem Gewinner aber kaum etwas passieren - selbst, wenn er von Deutschland aus gespielt haben sollte. Vor allem nicht, wenn er sein Geld im Ausland "parkt".

Der zweite Millionengewinn neben dem legal in Bayern geknackten Lotto-Jackpot hat ein Thema wieder ins Rampenlicht gerückt, über das sich die Glücksspiel-Juristen seit Jahren bekriegen: Dürfen in Deutschland neben den staatlichen Lotterien auch private Veranstalter vom Wettfieber profitieren? Es geht um einen Milliardenmarkt. Allein die legalen Lotterien erzielten 2008 13 Milliarden Euro Umsatz.

2006 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Glücksspiel-Markt entweder auch für private Anbieter geöffnet, oder die Spielsucht stärker bekämpft werden muss. Der Staat entschied sich für die zweite Alternative und gegen die Privaten.

Tipp24 blieb als Alternative zur Schließung nur die Flucht ins Ausland. Die Aktiengesellschaft baute von London aus ein Geschäftsmodell auf, das die deutsche Gesetzgebung weitgehend ins Leere laufen lässt. Das Angebot ist keine Lotterie an sich, sondern eine Wette auf den Ausgang deutscher Lotterien. Gewinne werden also auch nicht aus dem Lotto-Topf gezahlt, sondern von dem Anbieter selbst. In den Geschäftsbedingungen heißt es, dass von Deutschland aus nicht gespielt werden darf.

Doch das lässt sich kaum kontrollieren. Die Aufsichtsbehörden stehen kurz vor der Resignation, weil die im Ausland ansässigen Anbieter ihre Kundenkarteien natürlich nicht öffnen. Die Staatsanwaltschaften hätten keinen vernünftigen Ermittlungsansatz, sagt Margret von Schmeling, die bei der Bezirksregierung Düsseldorf für die Aufsicht über das Online-Glücksspiel zuständig ist.

Tipp24 wird wohl zahlen. Die Ausschüttung des Gewinns macht den Buchhaltern Sorgen. Sie rechnen mit einem 10-Millionen-Gewinneinbruch. Das dürfte der Anteil von den 31,7 Millionen Euro sein, der nicht von der Versicherung abgedeckt ist.

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