Interview: „Ganz einfach, die Leute wollen spielen“

Für den 20jährigen Internet-Spieler Okkyou ist Counterstrike nur ein Instrument zur Entspannung.

Düsseldorf. Nach dem Amoklauf von Winnenden werden erneut, Forderungen nach einem Verbot von gewaltverherrlichenden Computerspielen laut. So fordert der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hans-Peter Uhl, ein totales Verbot von "Killerspielen". Im Fokus steht vor allem das Spiel Counterstrike.

Doch für diejenigen, die den sogenannten Ego-Shooter häufig spielen, ist diese Forderung völlig unverständlich. Einer dieser Spieler ist der 20-jährige Andreas. Der Fachabiturient und angehende Informatik-Student ist bei zahlreichen Internet-Spielern unter seinem Nick (= Spitzname/Kampfname) Okkyou bekannt.

Okkyou, Sie sind organisierter Counterstrike-Spieler. Wie stehen Sie zu der Vermutung, dass das Spiel ursächlich für einen Amoklauf sein könnte?

Okkyou: Ich habe schon oft gehört, gelesen und gesehen, dass den Computerspielen alles Mögliche in die Schuhe geschoben wird. Für mich und meine Mitspieler ist das völlig unverständlich.

Haben Sie und ihre Mitspieler sich schon über den Amoklauf von Winnenden unterhalten?

Okkyou: Also in unserem vier bis fünf Mann starken CS-Clan (Anm.: = Counterstrike Gilde/Sippe) treffen wir uns zwar fast täglich im Teamspeak (Anm.: = Internet-Sprachverbindung), aber darüber haben wir bislang noch nicht intensiv gesprochen. Unser aktuelles Spiel stand dabei im Vordergrund, und wir sehen da eben keine Zusammenhänge zu irgendwelchen Amokläufen.

Es gibt bei Counterstrike Möglichkeiten, mit denen man eigene Szenarien erstellen kann, in denen dann gekämpft wird - sind darunter auch Schulgebäude?

Okkyou: Ja klar! Es gibt Map-Editoren (Anm.: =Werkzeuge zum Erstellen von Karten/Spielfeldern), bei denen es völlig freigestellt ist, was man kreiert. Ich kenne jemanden, der meine damalige Berufsschule "nachgebaut" hat. Aber der hatte ganz bestimmt keine Amokgedanken, und die Map wurde auch nie veröffentlicht.

Ist das Erstellen einer solchen Karte, also beispielsweise der "Nachbau" einer Schule, auch für Laien möglich?

Okkyou: Also man muss sich schon ein bisschen einlesen dafür, ganz so einfach ist das nicht. Aber es gibt im Netz weiß Gott genug Tutorials (Anm.: = Anleitungen), um sowas zu bewerkstelligen.

Warum bauen sich Spieler solche Karten?

Okkyou: Ganz einfach, die Leute wollen spielen, abwechslungsreich, vielleicht sogar realitätsnah. Aber sie wollen nur spielen - und dabei eben auch die technischen Möglichkeiten ausnutzen, die es gibt. Leider gibt es vielleicht ein paar psychisch labile Leute, die sowas als Training oder was weiß ich sehen. Aber das gilt doch auch für viele andere Dinge, die man im Netz zuhauf finden und zweckentfremden kann.

Fördert Counterstrike nicht den Aufbau von Aggressionen?

Okkyou: Also wir spielen das zum Vergnügen, sehen es vor allem als taktische Herausforderung, und ich baue dabei eher Aggressionen ab als auf. Zuviel Gefühle in Computerspiele zu stecken, ist sowieso schon ein bisschen krank. Und wenn Sie mit Ihrer Frage auf den Amoklauf anspielen - ich sehe das so: Nicht irgendein Computerspiel, sondern das soziale Umfeld und die Erziehung der Leute spielt die größte Rolle. Mobbing beispielsweise ist da ein sehr großes Thema. Und es ist meiner Meinung nach DAS Thema, das man angehen sollte. Ich bin ja selbst noch Schüler, bekomme das deshalb recht oft mit.

Mobbing an Schulen?

Okkyou: Ja. Ich glaube, das hat sich in den letzten Jahren echt verschlimmert. Auch meine ehemalige Freundin und ich wurden auf der Realschule Opfer von Mobbing - und das nur, weil meine Freundin ein wenig übergewichtig war und ich sie verteidigt habe.

Sie sehen also vor allem Mobbing an Schulen als Auslöser für mögliche Amokläufe?

Okkyou: Genau! Jedenfalls dann, wenn bei den davon Betroffenen noch Probleme im sozialen Umfeld hinzukommen. Ich habe einen Freundeskreis, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann, und auch meine Eltern sind echt okay. Mit denen kann ich über alles sprechen, und das tue ich auch. Das macht sehr viel aus, glaub’ ich.

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