Nordrhein-Westfalen Bedingungen verschlechtert: Inklusion an Schulen auf dem Abstellgleis?

Das neue Bündnis kritisiert beim Thema Inklusion die Maßnahmen der Landesregierung NRW scharf. Die Bedingungen an den sogenannten Schulen des gemeinsamen Lernens hätten sich in diesem Jahr verschlechtert.

Nordrhein-Westfalen: Bedingungen verschlechtert: Inklusion an Schulen auf dem Abstellgleis?
Foto: GEW

Düsseldorf. Ein neues Bündnis, bestehend aus Elternorganisationen, Landesschülervertretung, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und weiteren Akteuren wirft der Landesregierung in NRW vor, das Thema Inklusion aufs Abstellgleis geschoben zu haben. Die Bedingungen an den sogenannten Schulen des gemeinsamen Lernens hätten sich in diesem Jahr sogar noch verschlechtert, sagte GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer am Montag in Düsseldorf.

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Ein Beispiel von vielen sei eine Gesamtschule aus Köln, deren Kollegium sich im April direkt an die Bezirksregierung gewandt habe. 96 Schüler hätten einen Förderbedarf. Pro Schüler stünden nur 1,5 Wochenstunden Betreuung durch einen Sonderpädagogen zur Verfügung - vor sechs Jahren seien es noch 3,3 gewesen, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Im aktuellen Schuljahr habe sich die Lage weiter zugespitzt, weil ein Kollege pensioniert und ein anderer zu einer anderen Schule abgeordnet wurde.

„Deshalb fordern wir, die Inklusion für das Schuljahr 2018 /19 an unserer Schule auszusetzen, wenn sich an den Rahmenbedingungen nichts ändert“, heißt es am Ende des Schreibens, das mit „das Kollegium“ unterzeichnet wurde.

Kein Einzelfall, ist sich Dorothea Schäfer von der GEW sicher. Sonderpädagogische Kräfte würden zu einem großen Teil gezielt an den Förderschulen gebunden. Die müssten laut dem Bündnis weiter abgebaut werden, um das gemeinsame Lernen an Regelschulen ausweiten zu können. Laut GEW fehlen Tausende Lehrerstellen, um Inklusion sinnvoll gestalten zu können. Ein Problem laut Schäfer: „Weiterführende Schulen haben keinen rechnerischen Anspruch auf Sonderpädagogen.“ Die Schulaufsicht prüfe im Einzelfall den Bedarf.

Dass der immer größer geworden ist, zeigen Zahlen des Statistischen Landesamtes: Demnach besuchten im laufenden Schuljahr 42,2 Prozent der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Regelschule. Vor sieben Jahren waren es noch 16,5 Prozent. Trotzdem würden noch junge Menschen „ausgesondert“, weil ihnen die Möglichkeit auf den Besuch einer Regelschule verwehrt bleibt, erklärte Nikita Grünwald von der Landesschülervertretung in NRW.

Weitere Forderungen des Bündnisses: Mehr Fortbildungen für Lehrer und kleinere Klassen. „Eckpunkte zur Neuausrichtung der Inklusion in der Schule“, die ab dem Schuljahr 2019/20 greifen sollen, befinden sich derzeit in der Endabstimmung innerhalb der Landesregierung, heißt es aus dem Schulministerium.

Ziel sei, dass das Papier noch vor der Sommerpause präsentiert wird. Neue Qualitätsstandards bei der Inklusion hatte die schwarz-gelbe Landesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt. Dorothea Schäfer von der GEW bleibt skeptisch und vermutet, dass diese neuen Standards vom „Votum des Finanzministers“ abhängig sind. SPD und Grüne begrüßten die Gründung des neuen Bündnisses.

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