Social-Media „Influencer“ — der neue Traumberuf

Influencer teilen ihr Privatleben im Netz und bewerben dabei Produkte — und verdienen damit eine Menge Geld. Die erfolgreichste deutsche Influencerin kommt am Donnerstagabend nach Düsseldorf.

Die Mode-Bloggerin Caro Daur kommt am Donnerstagabend nach Düsseldorf.

Die Mode-Bloggerin Caro Daur kommt am Donnerstagabend nach Düsseldorf.

Foto: Jörg Carstensen

Düsseldorf. Am Donnerstagabend werden sich viele geladene Gäste im Düsseldorfer Haus des Modeunternehmens Peek & Cloppenburg tummeln. Denn Caro Daur ist da, sie hat zum 50-jährigen Jubiläum der Jeansjacke „Trucker Jacket“ von Levis ein eigenes Modell designt. Davon gibt es nur 50 Stück, um die die Fangemeinde sich ab Freitag reißen kann.

Aminata Belli ist Modejournalistin und nur nebenbei Influencerin.

Aminata Belli ist Modejournalistin und nur nebenbei Influencerin.

Foto: Screenshot/Aminata Belli/ Hannes Becker

Wer sich nun fragt, wer denn bitteschön Caro Daur ist, und warum Levis gerade sie neben 50 anderen Stars wie Snoop Dogg und Justin Timberlake um das Anfertigen einer auf 50 Stück limitierten Jacke gebeten hat, der ist entweder weit vor der hippen Millenial-Generation geboren oder nicht sonderlich Social-Media-affin. Caro Daur ist die erfolgreichste deutsche Influencerin.

Viel Wasser und viel Haut: eine Übersicht des Instagram-Profils von Influencerin Caroline Einhoff.

Viel Wasser und viel Haut: eine Übersicht des Instagram-Profils von Influencerin Caroline Einhoff.

Foto: Screenshot/Aminata Belli/ Hannes Becker

Ein Wort, das vielleicht einer Erklärung bedarf. Es hat ganz offensichtlich mit dem englischen Wort für „Einfluss“ zu tun und dürfte frei als „Beeinflusser“ übersetzt werden. Hinter diesem Begriff verbergen sich ein neuer Berufszweig und ein Werbemodell.

Die Zugspitze, fotografiert von Hannes Becker.

Die Zugspitze, fotografiert von Hannes Becker.

Foto: Hannes Becker

Caro Daur hat 1,2 Millionen Follower auf Instagram. 1,2 Millionen Menschen bekommen in dem Fotonetzwerk die Beiträge der 22-jährigen Hamburgerin angezeigt. Wenn sie etwas gut findet, dann sehen das 1,2 Millionen Menschen. Das nennt man Reichweite. Und Reichweite ist unter Influencern eine Maßeinheit für ihren Marktwert.

Influencer lassen ihre Follower auf Netzwerken wie Instagram, Youtube etc. an ihrem Privatleben teilhaben, halten sie über Trends auf dem Laufenden und geben Empfehlungen ab. Und wenn seitens der Firma Geld geflossen ist, dann ist das Werbung, meistens auch mit Hinweisen in den Posts (den Beiträgen, also Fotos oder Videos, bitte englisch aussprechen) als solche gekennzeichnet. Die „Fachgebiete“ können Mode, Beauty, Reisen, Ernährung oder Fitness sein. Hauptsache, viele Leute wollen das sehen. Die Video-Plattform Youtube ist besonders bei jüngeren Nutzern beliebt, ihre Helden sind „Die Lochis“ oder Bianca Heinicke, die bei „Bibis Beauty Palace“ Schminktipps gibt und Produkte testet. Letztere hat stolze 4,4 Millionen Follower.

Ein typischer Werbe-Post auf Instagram: Caroline Einhoff, mit 1,1 Millionen Followern auf Instagram ebenfalls eine sehr erfolgreiche deutsche Influencerin, sitzt in bauchfreiem Sport-Top und Leggins im Auto, in den Händen einen Kaffee einer bestimmten Marke. Sie schreibt dazu von einem „typischen Kaffee-Moment“ und versieht das Posting mit dem Hinweis „Werbung“.

Wie viel Influencer verdienen, lässt sich pauschal nicht sagen. Das Portal InfluencerDB rechnet aber etwa bei der internationalen Top-Mode-Influencerin Chiara Ferragni pro Posting mit einem Media Value von über 50 000 US-Dollar. Der Media Value steht nicht für den Verdienst Ferragnis, sondern für den Wert des Postings aufgrund von Reichweite und anderen Kriterien. Laut Computer-Bild können Influencer mit 1 bis 3 Millionen Followern auf Instagram pro Posting 50 000 Dollar verdienen, auf Facebook, 62 500 Dollar, auf Youtube 125 000 Dollar.

Ein zweites Kriterium ist neben der Reichweite entscheidend für Unternehmen, wenn sie ihre Produkte von Influencern bewerben lassen wollen: Glaubwürdigkeit. „Das Produkt muss schon zum Profil des Influencers passen. Denn das unterscheidet diese Form von der klassischen Werbung“, erklärt Bernhard Longin, Geschäftsführer der Berliner Dot-Gruppe. Die Digital- und Bewegtbild-Agentur produziert weltweit Kampagnen für Firmen und Organisationen, bringt sie mit Influencern in Kontakt und berät Letztere auch bei ihrer Entwicklung. „Die Menschen vertrauen der Empfehlung auf Peer-to-Peer-Ebene einfach mehr, als es bei einem Werbespot der Fall ist“, sagt Longin.

Im Gegensatz zu mit Photoshop und Facetune (beides Programme, mit denen sich Makel im Nu beseitigen lassen) perfektionierten Instagram-Profilen, die ein schier unerreichbar schönes Leben in einem nie enden wollenden Urlaub darstellen, bemüht sich die Modejournalistin Aminata Belli um ein authentisches Auftreten, zeigt sich morgens ungeschminkt. 25 000 Menschen verfolgen auf Instagram ihr Leben zwischen Drehs, Shootings und Interviews, die sie sowohl führt als auch gibt. „Ich mache nur Werbung für Dinge, die ich auch als Privatperson in meinem Account zeigen würde“, sagt die 25-Jährige. „Dass ich dafür auch noch Geld bekomme, ist doch grandios.“ Sie bewirbt Kleidung, eine Plattenfirma oder macht auf den Brustkrebs-Monat aufmerksam. Teenie will sie aber heute nicht mehr sein. „Mit Instagram und all diesen perfekten Menschen aufzuwachsen, muss sehr verstörend sein. Da braucht es schon eine Menge Medienkompetenz und das Wissen, dass da nicht alles echt ist.“

Auch Männer sind erfolgreiche Influencer. Hannes Becker ist einer von ihnen, ihm folgen auf Instagram 1,1 Millionen Menschen. Kaffee und Lifestyle, was auch bei manchen seiner Kollegen gerngesehenes Setting ist, sucht man hier vergebens. Sein Profil ist voll von spektakulären Landschaftsaufnahmen. Auch das wollen die Leute sehen. Und auch hier gibt es Werbung: für Outdoor-Marken, Reiseunternehmen und Kameras, zum Beispiel. Er bekommt Reisen gesponsert und zusätzlich ein Honorar, etwa von Mercedes Benz, mit deren G-Klasse er einen Trip durch Kanada gemacht hat. Becker ist 24 Jahre alt, seit zwei Jahren ist er selbstständig. „Ich mag das Wort Influencer nicht, das klingt so negativ“, sagt er. Drei Wochen im Monat ist er unterwegs, auf Reisen, auf Wanderschaft. Manche Posts sind bezahlt, andere nicht. „Ich bezeichne mich selbst als Fotograf und Instagrammer.“

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