Im Laden beraten lassen — und dann im Internet kaufen

Die Einzelhändler fürchten die Online-Konkurrenz und machen mobil.

Düsseldorf/Tönisvorst. In Tönisvorst bleiben die Schaufenster entlang der Einkaufsmeile schwarz: Ein Wochenende lang wollen mindestens 50 Händler des Ortes am Niederrhein anschaulich machen, wie trist eine Innenstadt ohne das bunte Angebot der Geschäfte aussähe. Ihre Sorge: „Der Internethandel nimmt immer mehr zu“, wie Stefan Robben, Vorsitzender des örtlichen Werberings, sagt.

Der Handelsverband NRW bestätigt die Tendenz. Für 2013 wird im bundesweiten Einzelhandel ein Umsatz von 432 Milliarden Euro erwartet, ein Plus von einem Prozent. „Der Onlinehandel ist der Umsatztreiber im Einzelhandel. In diesem Segment wird das stärkste Wachstum erzielt“, sagt Anne Linnenbrügger-Schauer, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Handelsverband. In Zahlen: 33,1 Milliarden Euro Umsatz werden für das laufende Jahr im deutschen Onlinegeschäft prognostiziert — plus zwölf Prozent.

Die Tönisvorster fürchten vor allem den sogenannten Beratungsklau: Sich im Laden ausgiebig beraten lassen, sei es zum neuen Handy, zu den passenden Laufschuhen oder zur energieeffizienten Waschmaschine — und dann ganz ungeniert im Internet zuschlagen, zum günstigeren Preis der Online-Konkurrenz. „Showrooming“ nennen Marktforscher das Phänomen. Eine Umfrage des Beratungsunternehmens SMP hat ergeben, dass vier von fünf Internet-Nutzern schon mindestens einmal genau so eingekauft haben. TNS Infratest kommt auf zwei Drittel der Handy- und Smartphone-Nutzer.

Umgekehrt geht es aber auch, bestätigt eine Untersuchung des E-Commerce Center Köln (ECC): Vor jedem dritten Kauf im klassischen stationären Handel hat der Kunde demnach bereits online gestöbert.

Der Handelsverband NRW will die verschiedenen Vertriebswege nicht gegeneinander ausgespielt, sondern vielmehr verzahnt sehen. „Es muss ja nicht gleich der zusätzliche Online-Shop sein“, sagt Linnenbrügger-Schauer mit Blick auf den klassischen stationären Einzelhändler. Aber eine gepflegte Homepage „als Visitenkarte im Netz“ oder auch ein QR-Code neben dem Preisschild an der schicken Handtasche im Schaufenster, mit dessen Hilfe der interessierte Kunde nach Ladenschluss Zusatzinformationen zum Produkt erhält — das seien ergänzende Möglichkeiten.

Als Beispiel für „nahezu perfekt vernetzte stationäre wie digitale Einkaufswelten“ bezeichnet Linnenbrügger-Schauer das Angebot, das „Emmas Enkel“ machen. In der Landeshauptstadt und inzwischen auch in Essen gibt es je einen Laden mit 400 bis 500 Produkten in der Auslage. Über den integrierten Online-Shop hat der Kunde Zugriff auf bis zu 4500 Produkte am Lager — von Tiefkühlkost über Obst und Gemüse bis hin zu Wurst und Fleisch eines Düsseldorfer Traditions-Metzgers. Die Einkaufstaschen kann er selbst abholen oder sich bringen lassen. Tante Emmas bewährtes Geschäftsmodell ist in der Gegenwart angekommen.

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