Hurrikan „Sandy“ bedroht USA - New York wird stillgelegt

Washington/New York (dpa) - Hamsterkäufe, stillgelegte Bahnen, gestrichene Flüge: An der dichtbesiedelten US-Ostküste droht mit „Sandy“ im Wahlkampf-Endspurt ein Monstersturm. Städte wie New York und Washington rüsten sich für ein Jahrhundertunwetter.

Supermärkte sind leergekauft.

Hurrikan „Sandy“ droht das öffentliche Leben an der US-Ostküste komplett lahmzulegen. In New York wurde aus Angst vor einem Monstersturm am Sonntagabend vorsorglich das gesamte Verkehrsnetz stillgelegt. Fast 400 000 Bewohner der Millionenmetropole waren zudem aufgerufen, ihre Häuser zu verlassen. Der befürchtete Monstersturm bremste auch den Präsidentschaftswahlkampf aus. Sowohl Präsident Barack Obama als auch Herausforderer Mitt Romney sagten Termine ab, um den Sturm zu umgehen. Mehr als 3000 US-Flüge wurden gestrichen, darunter auch Verbindungen von und nach Deutschland. Schulen sollten geschlossen bleiben, Supermärkte wurden leergekauft.

Meteorologen erwarten, dass „Sandy“ an diesem Montagabend (Ortszeit) irgendwo zwischen Washington und Boston auf Land trifft. Der Streifen gehört zu dem am dichtesten besiedelten in Amerika. Erste Ausläufer könnte die Ostküste schon am Sonntagabend zu spüren bekommen. „Ich denke, Montag und Dienstag werden schwierige Tage“, sagte der Chef der New Yorker Verkehrsbehörde MTA, Joseph Lhota. Dass Busse und Züge wie U-Bahnen wegen schlechten Wetters gestoppt werden, gab es in New York bislang erst einmal: Als Hurrikan „Irene“ 2011 über New York hinwegzog. Der Sturm könne jedoch so viel Wasser auf das Land drücken, dass die Tunnel vollzulaufen drohen.

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg forderte am Sonntag 375 000 Bewohner auf, ihre Häuser zu verlassen. Betroffen von den Zwangsevakuierungen sind vor allem die niedriger gelegenen Stadtteile im Süden Manhattans, darunter auch das beliebte Tribeca. „Dies ist ein ernstzunehmender und gefährlicher Sturm“, warnte Bloomberg. Auch für schmale Inseln vor New York gab es am Sonntag Evakuierungsbefehle.

Den ganzen Sonntag über warnten Radio- und Fernsehsender die Bevölkerung an der Ostküste vor einem drohenden „Frankenstorm“ - in Anlehnung an das von der Filmfigur Frankenstein geschaffene Monster. Obama sprach von einem ernsthaften und gefährlichen Sturm, Bewohner sollten den Warnungen der Behörden folgen. „Sandy“ hatte in den Vortagen in der Karibik bis zu 60 Menschen in den Tod gerissen.

Auch in der Millionenstadt Philadelphia sollten ab Montag Busse und Bahnen nicht mehr fahren. Für die Stadt und den Bundesstaat Pennsylvania wurde der Notstand ausgerufen. Die Bewohner von Inseln vor der Atlantikküste von New Jersey wie Long Beach Island wurden aufgefordert, umgehend ihre Häuser zu verlassen und sich auf dem Festland in Sicherheit zu bringen. Schulen und Universitäten in den US-Bundesstaaten, die „Sandy“ treffen sollte, stellen den Unterricht bis mindestens Mittwoch ein. Vielerorts wurden Klassenräume zu Evakuierungszentren.

Airlines in den USA strichen über 3000 Flüge. Wie der Flugtracker „FlightAware.com“ meldete, waren davon am Sonntag über 700 US-Flüge betroffen, die meisten mit Start- oder Zielpunkt New York. Für Montag seien vorsorglich rund 2500 Flüge gecancelt worden, so die Internetplattform. Hauptsächlich betroffen sei der New Yorker Flughafen Newark, gefolgt vom Internationalen Flughafen Washington-Dulles und Philadelphia.

Die Lufthansa strich 15 Flüge. Für Montag wurden Verbindungen nach New York, Washington und Boston annulliert, sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft. Betroffen sind Flüge aus Frankfurt, München und Düsseldorf. Die beiden Flughäfen in New York würden auch am Dienstag nicht angeflogen. „Uns bleibt keine andere Wahl. Schließlich werden dort die Flughäfen geschlossen.“ Betroffen sind Tausende Passagiere, auch die jeweiligen Rückflüge könnten nicht stattfinden. Crews, die am Sonntag noch in die USA flogen, sollen sofort wieder nach Deutschland zurückgeflogen werden. Air Berlin sagte von Sonntag bis Dienstag zehn Flüge von und nach New York ab. United Airlines und Singapore Airlines strichen für Sonntag und Montag fünf Verbindungen von Frankfurt nach Washington und New York.

Das Nationale Hurrikan-Zentrum ortete den Sturm am Sonntag noch einige hundert Kilometer vor North Carolina. Obama hielt am Wochenende eine Telefon-Konferenz mit den Leitern der Notfallbehörden in den betroffenen Regionen ab, wie das Weiße Haus mitteilte.

Für die Bewohner der Hauptstadt Washington und mehrerer Bundesstaaten, darunter New York und Maryland, riefen die Behörden den Notstand aus. Wetterexperten warnten vor einem Jahrhundertsturm.

Befürchtet wird, dass der Hurrikan im Nordosten der USA auf einen Wintersturm stößt. Diese Kombination könne zum schwersten Unwetter seit August 1991 führen. Damals tötete Hurrikan „Bob“ an der Ostküste vier Menschen und führte von South Carolina im Süden bis Maine im Norden zu hohen Schäden.

Die Schiffe der Navy, die im wichtigen Hafen Norfolk im Bundesstaat Virginia liegen, müssen verlegt werden. 61 000 Mitglieder der Nationalgarde waren in Katastrophen-Bereitschaft. Vielerorts sicherten Menschen ihre Häuser mit Brettern und Sandsäcken.

Hamsterkäufe führten zu ersten Engpässen. Viele Supermärkte von Washington bis New York hatten am Sonntag kein Wasser mehr, Regale waren leer. Auch Batterien und Lebensmittel in Dosen wurden knapp.

Experten fürchten, dass sich der Schaden allein durch den Wind auf über drei Milliarden Dollar (rund 2,3 Milliarden Euro) belaufen könne.

Unabhängig von „Sandy“ löste ein schweres Erdbeben vor der Küste Kanadas am Samstagabend (Ortszeit) einen Tsunami-Alarm auf Hawaii und an Teilen der Westküste aus. Die befürchteten Riesenwellen blieben aber aus. Berichte über Opfer oder auch größere Sachschäden gab es nicht.

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