Hinrichtung vor der Pizzeria

Fünf der Getöteten stammen aus Kalabrien, einer Hochburg des Mafia-Arms ’Ndrangheta.

<strong>Duisburg. Er ist gerade einmal seit zweieinhalb Stunden 18 Jahre alt, als Tomasso-Francesco V. im Kogelhagel stirbt. In der Pizzeria "Da Bruno" unweit des Duisburger Hauptbahnhofs, wo der junge Mann als Auszubildender arbeitete, hatte er gerade noch den Geburtstag ausgiebig mit Kollegen gefeiert. Um 2.10 Uhr erlischt dort das Licht, das Lokal wird abgeschlossen, die sechs Männer steigen wenig später in zwei Autos und wollen heimfahren. Weit kommen sie nicht: Offenbar wahllos wird, so sagt der Duisburger Chef-Ermittler Heinz Sprenger, das Feuer auf die beiden Wagen eröffnet. Ein Anwohner spricht später davon, es habe sich "wie ein kleines Silvesterfeuerwerk" angehört, als die tödlichen Schüsse fielen. Polizeibeamte finden schließlich die blutüberströmten Männer in den beiden Wagen: Vier sitzen in einem schwarzen Golf, ein Mietwagen mit Pforzheimer Kennzeichen, zwei in einem weißen Opel - der kleine Kastenwagen ist ein Firmen-Fahrzeug der Pizzeria. Einige der Opfer geben noch Lebenszeichen von sich, Polizeibeamte ziehen die Körper aus den Autos und leisten Erste Hilfe. Doch es ist zu spät: Beim Eintreffen des Notarztes sind fünf Männer bereits tot, der sechste stirbt nach Wiederbelebungsversuchen ebenfalls noch am Tatort.

Polizei fahndet nach zwei Männern, die vom Tatort flüchteten

Zwei Männer sollen, so berichtet eine junge Frau den Polizisten, kurz nach den Schüssen vom Tatort weggerannt sein. Die Großfahndung verläuft jedoch erfolglos: Die beiden Verdächtigen, von denen es nur eine vage Beschreibung gibt, können nicht gefunden werden. Noch am Vormittag beginnt die Polizei damit, die Videoaufzeichnungen aus den Kameras des benachbarten Telekom-Hauses auszuwerten. Sprenger meint jedoch am Nachmittag: "Ich befürchte, man sieht nur zwei Männer weglaufen."

Die italienischen Behörden haben Ermittler zur Unterstützung nach Duisburg geschickt, bestätigte der Leiter der Mordkommission, Sprenger. Kriminaldirektor Ronald Bäumler schließt nicht aus, dass die Morde Vergeltungstaten auch in Deutschland nach sich ziehen.

Kalabrische Mafia Die ’Ndrangheta, der kalabrische Arm der Mafia, war erst vor wenigen Wochen auch in unserer Region in den Blickpunkt geraten. Im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgericht wurde ein Drogen-Prozess verhandelt, der durch die Zuschaltung eines prominenten Zeugen per Videovernehmung spektakulär wurde.

Giorgio Basile Der Mann mit dem Spitznamen "Engelsgesicht" stellte sich der deutschen Justiz als Kronzeuge in dem Prozess zur Verfügung. Der in Süditalien geborene und in Mülheim aufgewachsene Profi-Killer Basile (Foto) steht auf der Todesliste der Mafia. Er lebt seit Jahren in einem Zeugenschutzprogramm der italienischen Justiz, wurde von einem geheimen Ort zugeschaltet und belastete den Angeklagten. Zu sehen war von ihm auf dem Videoschirm nur Rücken und Hinterkopf. Als Kronzeuge soll Basile schon 50 Mafiosi hinter Gitter gebracht haben.

Mehr als 30 Morde Als Basile im Mai 1998 der deutschen Polizei ins Netz ging, gestand er seine Beteiligung an mehr als 30 Morden.

Das Buch Basiles Geschichte mit tiefen Einblicken in die Welt der Mafia erzählt Andreas Ulrich in "Das Engelsgesicht - Die Geschichte eines Mafia-Killers aus Deutschland", erschienen bei Goldmann..

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