Hier schießt der Mörder lautlos

Marianne Koch textet die Untertitel für Fernsehfilme.

Münster. Mit fettgedrucktem "Peng!", "Puff!" oder "Zack!" erklären Sprechblasen in Comics, wie jemand geräuschvoll eins auf die Mütze kriegt. In Marianne Kochs Untertiteln, die die Münsteranerin und ihre Mitarbeiter seit 30 Jahren für Film und Fernsehen machen, schreiben sich Hiebe und Pistolenschüsse ganz anders. "Der Kommissar hört einen Schuss", heißt es da zum Beispiel.

Auf dem Holztisch in Marianne Kochs Büro in Münster stapeln sich klobige Filmkassetten, darunter der neue "Tatort" mit dem Kieler Kommissar Borowski und die Henning-Mankell-Verfilmung "Mörder ohne Gesicht". Die müssen die 57-Jährige und ihr Team mit Untertiteln versehen.

550 Filme hat die studierte Ernährungswissenschaftlerin in ihrer "Untertitel-Werkstatt" allein in diesem Jahr schon bearbeitet. Serien, Spielfilme und Talkshow-Episoden landen manchmal Wochen, manchmal auch nur Tage vor ihrer Ausstrahlung in ihren Händen.

Wie viele Firmen, die für Film und Fernsehen die Untertitel herstellen, es in Deutschland gibt, ist schwer zu erfassen. Koch kennt fünf weitere. Ein kompletter Film kostet rund 2.000 bis 3.000 Euro, die Minute wird etwa mit 20 Euro berechnet. Übersetzungen sind teurer, werden von Kochs Firma manchmal auch an andere Anbieter weitergegeben.

Koch ist gut ausgerüstet: Falls sie beim Hören mal über einen schwierigen Begriff stolpert, stehen in ihrem Regal Atlanten und dicke Lexika. Eine Zeit lang rauchte ihr der Kopf von medizinischen Wörterbüchern, die sie für Arztserien wie "Praxis Bülowbogen" und "Klinik unter Palmen" wälzte.

Stressig wurde es früher traditionell am Morgen des 24. Dezember, wenn im Briefkasten der Familie Koch ein besonderes Manuskript landete: die Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten musste sie untertiteln.

Während die beiden Töchter den Baum schmückten, mussten Marianne Koch und ihr Mann Bernhard Brämswig sich dann sputen, damit die Rede rechtzeitig mit Untertiteln über die deutschen Fernsehschirme flimmern konnte. "Es war eine unheimliche Verantwortung, das richtig rüberzubringen", sagt Koch.

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