Hartz IV: Sieben Euro für Kinderschuhe

Eine Familie aus Dortmund will, dass Kinder gleiche Regelsätze erhalten wie die Erwachsenen.

Karlsruhe/ Dortmund. Wenn das Bundesverfassungsgericht am Dienstag sein Grundsatzurteil zur Höhe der Hartz-IV-Sätze verkündet, gehört auch die fünfköpfige Familie Kerber-Schiel aus Dortmund zu den Klägern. Die Familie klagt gegen den Regelsatz von 251 Euro im Monat für den zehnjährigen Sohn Tobi.

Die Begründung: Kinder brauchen auf keinen Fall weniger Geld für den Lebensunterhalt als Erwachsene. Ein Beispiel: Für Schuhe bewilligt der Staat für Erwachsene zehn Euro im Monat, Kleinkinder müssen mit sieben Euro auskommen - obwohl Kinderfüße ständig wachsen. Sollten die Kerbers-Schiel Recht bekommen, ginge es letztlich um Milliarden.

Die Dortmunder sind seit fünf Jahren auf Hartz IV angewiesen. Um über die Runden zu kommen, muss die Familie nach Angaben ihres Anwalts Martin Reucher stets genau rechnen: "Gegen Ende des Monats ab dem 20. wird das Geld regelmäßig knapp."

Der 57-jährige Familienvater Joachim stockt sein Arbeitslosengeld II mit eigenen Verdienst auf. Er hat einen Halbtagsjob als Lagerarbeiter in einem Möbelhaus. Die 41-jährige Mutter Katrin, gelernte Altenpflegerin, hat keine feste Anstellung. Die Kinder sind zwei, zehn und zwölf Jahre alt.

Der monatlich schwankende Verdienst des Vaters bleibt auf dem Konto, wird aber größtenteils mit Hartz IV verrechnet. Entsprechend geringer fallen die staatlichen Leistungen aus. Im Juni vergangenen Jahres erhielten die fünf Familienmitglieder neben 498 Euro Kindergeld und dem Lohn des Vaters rund 1340Euro im Monat, mussten davon aber auch Miete und Heizung zahlen. Insgesamt standen der Familie damit etwa 2.500 Euro für Lebensunterhalt und Miete zur Verfügung.

"Sie kaufen sparsam ein. Das Essen ist sättigend und liebevoll gemacht, aber einfach", erzählt Reucher. "Gespart wird an dem, was man gesellschaftliche Teilhabe nennt: Mal ins Kino gehen, ins Hallenbad oder in den Zirkus." Frisörbesuch oder Fahrradreparatur sind nicht drin. Selbst die 7,50 Euro Monatsbeitrag für den Fußballverein des Neunjährigen seien "nicht locker möglich".

Karlsruhe ist die letzte Instanz, die sich mit der Klage der Familie befasst. Als der Widerspruch gegen den Bescheid des Jobcenters 2005 abgelehnt wurde, klagte die Familie vor dem Sozialgericht. Es folgten die Berufung beim Landessozialgericht und die Revision beim Bundessozialgericht in Kassel. Nach Karlsruhe wird die Familie nicht fahren. Sie ist nicht geladen. Daher gibt es auch keine Kostenübernahme. lnw/mhs

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