Große Tätowierungen liegen im Trend

Großflächige Körperbilder werden immer beliebter. Bei der Jobsuche kann das zu Schwierigkeiten führen.

Düsseldorf. 20 mal 14 Zentimeter groß ist der Löwenkopf, den ein junger Polizeibewerber auf dem Unterarm tätowiert hat. Eigentlich keine große Sache. Das sieht das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen anders und möchte den Bewerber nicht zum weiteren Auswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zulassen. Großflächige Tattoos an sichtbaren Körperstellen, so ein Erlass des Innenministeriums, stellen einen Eignungsmangel dar und schaden der Autorität der Beamten. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat diesen Erlass gekippt. Doch das Beispiel zeigt, dass großflächige Tattoos, obwohl sie immer häufiger vorkommen, zum Problem werden können.

In der Urteilsbegründung heißt es, „für einen Eignungsmangel reiche es nicht aus, dass Teile der Bevölkerung großflächige Tätowierungen nur für unpassend oder unästhetisch hielten“. Weiter verweisen die Richter auf einen gesellschaftlichen Wandel, der sich in der „augenfälligen Zunahme von Tätowierungen gerade an den Armen“ widerspiegele.

Das Innenministerium verteidigt seine Richtlinien. „Diese Maßnahmen dienen dazu, dass die Beamten Neutralität wahren“, erklärt Pressesprecher Wolfgang Beus. „Es geht auch darum, wie die Bilder bei Leuten ankommen, die Tattoos kritisch gegenüber stehen.“

Bei der Polizei mache man sich die Entscheidung laut Beus nicht leicht. Auch im Ministerium des Inneren sei die wachsende Akzeptanz der Bevölkerung für Tattoos bemerkt worden — die Frage, wie man auf diesen Wandel reagiert, sei aber bisher nicht beantwortet.

Auch in anderen Berufen kann ein großflächiges Bild auf dem Körper zu Problemen führen. „In vielen Fällen stehen die Interessen des Betriebs den Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer gegenüber“, erklärt Christian Götz, Arbeitsrechtler der Dienstleistungsgesellschaft Verdi. Grundsätzlich haben Arbeitgeber mehr Rechte, in das Auftreten ihrer Angestellten einzugreifen, wenn es sich um einen Beruf mit Publikumsverkehr handelt. Eine weitere Faustregel: Branchen, in denen Anzüge getragen werden müssen, bieten meist wenig Spielraum für sichtbaren Körperschmuck. Deshalb raten Götz und seine Kollege bei Unsicherheiten dazu, auf sichtbare Tattoos zu verzichten. „Zwar ist die gesellschaftliche Akzeptanz gewachsen. Im Berufsleben sind Tätowierungen aber noch nicht vollkommen anerkannt und werden es wohl auch nie sein“, sagt Götz. Der Arbeitsrechtler warnt ausdrücklich davor, sich ein großflächiges, sichtbares Bild stechen zu lassen, wenn es vom Arbeitgeber entgegengesetzte Richtlinien gibt: „Das kann zu Schwierigkeiten führen.“ Oliver Paaß ist Tätowierer im Düsseldorfer Studio „Fineline“. Er kennt die Situation auf dem Arbeitsmarkt und vertritt eine klare Haltung: „Wenn sich jemand ein Tattoo stechen lassen will, das nicht verdeckt werden kann, schaue ich mir die Rahmenbedingungen sehr genau an.“ So soll verhindert werden, dass sich Probleme bei der Jobsuche ergeben.

Woher kommt der Trend des großflächigen Körperschmucks? Alexandra Drüke hat eine einfache Erklärung. Für „Endlich Ohne“ entfernt sie regelmäßig auch große Tattoos mit Lasertechnik. „Vor allem die Zahl junger Frauen, die großflächig tätowiert sind, nimmt zu. Prominente Vorbilder wie Model Sophia Thomalla beweisen in ihren Abendkleidern, dass sich Eleganz und Tattoos nicht ausschließen müssen.“

Auf viele junge Männer haben Profifußballer einen ähnlichen Einfluss. Es gibt zahlreiche Kicker, die sich Arme, Beine oder den kompletten Rücken haben tätowieren lassen. Dieser Trend geht inzwischen so weit, dass Professor Ingo Froböse von der Kölner Sporthochschule unlängst erklärte, er würde Tattoos am liebsten verbieten lassen. Froböse argumentierte, dass verschiedene Studien eine verminderte Leistungsfähigkeit in der ersten Zeit nach dem Termin beim Tätowierer hätten nachweisen können.

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