Gericht verbietet Polizei-Kontrollen wegen Hautfarbe

Koblenz (dpa) - Die Polizei darf einen Menschen nicht wegen seiner Hautfarbe kontrollieren. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz entschieden.

Ein dunkelhäutiger Student war im Dezember 2010 während einer Zugfahrt von Kassel nach Frankfurt/Main kontrolliert worden, dabei kam es zum Streit mit zwei Bundespolizisten. Ein Gerichtssprecher sagte am Dienstag: „Das Gericht hat deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht die Ausweiskontrolle rechtswidrig war, weil sie ausschlaggebend an der Hautfarbe anknüpfte.“

Die Maßnahme habe gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel des Grundgesetzes verstoßen, hieß es in einer Mitteilung des OVG. Vertreter der Bundespolizei hätten sich am Montag bei der mündlichen Verhandlung bei dem Mann entschuldigt. Anschließend hätten alle Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Bei der Kontrolle Ende 2010 hatten zwei Bundespolizisten den Studenten aufgefordert, seinen Ausweis zu zeigen. Als er sich weigerte, kam es zum Streit, die Beamten durchsuchten seinen Rucksack. Weil sie nichts fanden, brachten sie den Mann in eine Dienststelle und entdeckten dann einen Führerschein. In einem anschließenden Strafverfahren wegen Beleidigung gegen den heute 26-jährigen Studenten aus Kassel sagte ein Beamter aus, er spreche bei Kontrollen Reisende an, die ihm als Ausländer erschienen - auch wegen ihrer Hautfarbe.

Dagegen hatte der Student geklagt, war aber zunächst vor dem Verwaltungsgericht Koblenz gescheitert. Die Richter hatten ihre Entscheidung damit begründet, dass er auf einer Bahnstrecke unterwegs gewesen sei, die für unerlaubte Einreisen genutzt werde. Da nur Stichproben möglich seien, dürften Beamte Fahrgäste auch nach ihrem Aussehen auswählen. Der Student legte Berufung ein - mit Erfolg. Das OVG erklärte die Entscheidung nun für wirkungslos (Az.: 7 A 10532/12.OVG).

Der Anwalt des Studenten, Sven Adam, betonte, das Verfahren habe eine „weitreichende Signalwirkung für die Praxis der Bundespolizei“. Der 26-Jährige selbst sagte laut einer Mitteilung seines Anwalts: „Wir haben lange dafür streiten müssen, dass sich die Bundespolizei auch an dem Diskriminierungsverbot messen lassen muss.“

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, wertete den OVG-Beschluss positiv. „Damit steht fest, dass allein die Hautfarbe eines Menschen kein Kriterium für eine polizeiliche Personenkontrolle sein darf.“ Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem wichtigen Signal gegen Diskriminierung bei Personenkontrollen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte erklärte, die Bundesregierung sei nun in der Pflicht sicherzustellen, dass die Bundespolizei die bisherige Praxis nicht mehr anwende.

Scharfe Kritik kam dagegen von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus“, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt der dpa. „Dieses Urteil ist nicht gut, denn es schürt Konflikte.“ Die Entscheidung sei zu respektieren, die Polizeiarbeit mache sie aber nicht leichter.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) betonte, bei Kontrollen müsse stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. „Ein Mensch darf nie ausschließlich wegen seiner Hautfarbe kontrolliert werden - und das macht die Bundespolizei grundsätzlich auch nicht“, sagte der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Josef Scheuring, der dpa. „Anlass- und hinweisbezogen“ könne die Hautfarbe aber durchaus ein Grund für eine Kontrolle sein - etwa wenn ein Täter zuvor entsprechend beschrieben worden sei. Mit Blick auf den speziellen Fall des Kasseler Studenten sei das Urteil des OVG nachvollziehbar.

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