Geheimnisverrat - In Diensten des Diktators

Geld und Urlaubsreisen für deutsche Polizisten, die Sicherheitskräfte in Libyen ausgebildet haben.

<strong>Düsseldorf. Die Empörung über die ungenehmigte Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte durch deutsche Elite-Polizisten schlägt hohe Wellen: Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wittert einen "sicherheitspolitischen Skandal", der sicherheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Horst Engel, vergleicht die SEK-Beamten mit "Hobbysöldnern auf Honorarbasis", die Landtagsfraktion der Grünen bringt das Thema in den Innenausschuss des Landtags, und NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) stellt Strafanzeige wegen Geheimnisverrats.

Doch wie groß ist dieser "Abgrund an Landesverrat" tatsächlich? Fakt ist, dass rund 30 deutsche Sicherheitskräfte, zum überwiegenden Teil ehemalige Angehörige von Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei, in Libyen Sicherheitskräfte ausgebildet haben - gegen Bargeld und/oder bezahlten Urlaub im libyschen Nachbarland Tunesien.

Glaubt man jenem Zeugen, der sich gegenüber dem "Westfalenblatt" selbst als Ausbilder outete, dann waren es vor allem "normale Polizisten", die dort in "Basis-Sachen" geschult wurden: "Das waren ganz profane Dinge wie Schießtraining, Fitnesseinheiten und Selbstverteidigung."

Dass bei den Trainingseinheiten deutsche Dienstgeheimnisse verraten worden sind, schließt der Zeuge aus. "Einsatztaktiken und Konzepte, die der Geheimhaltung unterliegen, sind nicht weitergegeben worden. Da hat es keinen großen Know-how-Abfluss gegeben", behauptet der frühere Beamte, der nach eigenen Angaben ein halbes Jahr vor Ort gewesen ist, gegenüber dem "Westfalenblatt".

Diese These ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Immerhin ist der gesamte "Fall" bereits seit längerem beim NRW-Landeskriminalamt bekannt - nämlich seit vergangenem Juni.

Nach Informationen unserer Zeitung hatte man dort aber keine strafrechtlichen Handhaben gegen die SEK-Bediensteten entdecken können - zumal die meisten von ihnen während ihrer "Schulungstätigkeit" in Libyen schon gar nicht mehr bei einer SEK-Einheit aktiv waren. Seitens des LKA hatte es dann wohl die Absicht gegeben, das Ganze ohne größeres Aufhebens auf dem Disziplinarweg zu erledigen.

Dann allerdings wurde die Aktion publik, und NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) sah sich zum Handeln genötigt: Er ließ Strafanzeige gegen die Beamten erstatten. Ob diese Strafanzeigen allerdings von Erfolg gekrönt sein werden, wird von Juristen bezweifelt.

Entscheidender, wenn auch nicht so öffentlichkeitswirksam, dürften die internen disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen die Beamten werden. Dabei wird geprüft, ob die Männer gegen beamtenrechtliche Vorschriften verstoßen haben.

In der Libyen-Affäre dürfte dabei insbesondere eine Rolle spielen, ob die Beamten ihre "Schulungen" gegenüber ihren Vorgesetzten verschwiegen haben. Denn Nebentätigkeiten müssen nach der Nebentätigkeitsverordnung des Landes grundsätzlich von den Dienstvorgesetzten genehmigt werden.

Eine solche Genehmigung aber wird es kaum gegeben haben, da in der Verordnung zwingend vorgeschrieben ist: Die Erlaubnis sei "stets zu versagen, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können".

SEK Ein Spezialeinsatzkommando, früher auch Sondereinsatzkommando genannt, ist eine Sondereinheit der Polizei. Die durch Spezialkleidung besonders geschützten und schwer bewaffneten Elite-Polizisten sind in NRW an den Standorten Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster angesiedelt.

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