Gefängnisstrafe für Priester wegen Kindermissbrauchs

Würzburg (dpa) - Ein katholischer Priester ist wegen sexuellen Kindesmissbrauchs zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Das Landgericht Würzburg sprach den 58-Jährigen am Freitag schuldig, sich neun Mal am Sohn seiner Haushälterin vergangen zu haben. „Das waren nicht nur Grenzüberschreitungen, sondern ganz erhebliche sexuelle Übergriffe“, sagte der Vorsitzende Richter Burkhard Pöpperl. Der Geistliche hatte die Taten aus den 1990er-Jahren gestanden. Das Kind war bei den Übergriffen zwischen sechs und zehn Jahren alt.

Der Mann war mit der Familie des Opfers befreundet. Nach der Trennung der Eltern kümmerte er sich um die Mutter, die später als Haushälterin für ihn arbeitete und mit ihren Kindern in seinem Pfarrhaus im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart lebte. Für den Jungen wurde der Pfarrer zu einer wichtigen Bezugsperson. „Er war Priester, Seelsorger und Vaterersatz und hatte eine ganz besondere Vertrauensposition“, betonte Pöpperl. Dies habe er „wirklich schamlos für die eigenen Bedürfnisse ausgenutzt“.

Nach Einschätzung des Gerichts kam es über die Jahre anfangs eher zufällig, später dann geplant zu Berührungen und Übergriffen. Einige der Taten begannen damit, dass der Priester dem Kind Szenen aus einem Aufklärungsbuch zeigte und diese dann nachspielte. Zum Geschlechtsverkehr kam es aber nicht - „diese Grenze konnte er bis zum Schluss ziehen“, sagte der Vorsitzende.

Zugunsten des Angeklagten werteten die Richter, dass er sich 2011 selbst angezeigt hatte, ein umfassendes Geständnis ablegte und glaubhaft Reue gezeigt habe. „Ich würde die Uhr gerne zurückdrehen“, sagte der Ordenspater in seinem Schlusswort. Er räumte ein, dass die Übergriffe sexuell motiviert gewesen seien. Eine Bewährungsstrafe wie von der Verteidigung gefordert sei nicht in Betracht gekommen, sagte Pöpperl. „Das Signal muss ganz klar sein: Finger weg von unseren Kindern!“ Die Staatsanwaltschaft hatte für eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten plädiert.

„Der Angeklagte musste damit rechnen, dass ein Kind daran zerbrechen kann“, sagte der Vorsitzende Richter. Das Opfer hatte vor Gericht unter anderem von Depressionen und Schwierigkeiten beim Aufbau von Vertrauensbeziehungen berichtet. „Es geht mir gar nicht gut“, sagte er. Der Deutsche Orden hatte dem heute 25-Jährigen im vergangenen Jahr 80 000 Euro Entschädigung gezahlt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung machte am Freitag keine Angaben dazu, ob sie Revision einlegen will. Der Deutsche Orden kündigte an, dass nach Rechtskraft des Urteils ein kirchenstrafrechtliches Verfahren gegen den Priester eingeleitet wird. Zuständig ist hierfür die Glaubenskongregation in Rom. Im Fall einer Verurteilung droht dem Priester die Entlassung aus dem Orden und dem Klerikerstand.

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