Ganz Deutschland bibbert

Temperaturen bis minus 26 Grad: Die arktische Kälte hat das Land im Griff. In Thüringen gab es ein erstes Todesopfer.

<h3>Welche Rekordwerte sind erreicht worden?

In NRW war es in der Nacht zu Dienstag so kalt wie seit Jahren nicht mehr: Die tiefsten Werte wurden in Lippstadt (-24,2 Grad) und Waltrop (-23,1 Grad) gemessen. Rund um Düsseldorf, Wuppertal und Krefeld lagen die Temperaturen in der Nacht mehr als zehn Grad unter dem Nullpunkt - und auch tagsüber blieb es knackig kalt. Noch stärker fror man im sächsischen Delitzsch: Dort wurden minus 26 Grad gemessen. Ähnlich kalt war es nach Angaben des Wetterdienstes Meteomedia in Deutschland flächendeckend zuletzt vor 22 Jahren.

In Thüringen hat die Extremkälte ein erstes Todesopfer gefordert: Eine Frau (77) aus Weimar wurde tot aufgefunden. Die an Demenz Erkrankte hatte sich bei einem Abendspaziergang verlaufen. Besonders gefährdet sind Obdachlose: Damit sie die Nächte bei den frostigen Temperaturen nicht im Freien verbringen müssen, dürfen sie in Duisburg auch in den Zugängen der U-Bahn-Stationen übernachten. Andere Städte verweisen auf das Angebot an Notfallschlafplätzen.

Auf Autobahnen und Bundesstraßen gab es trotz der frostigen Temperaturen kaum Probleme. Auch am Düsseldorfer Flughafen lief "alles planmäßig", sagte ein Sprecher. Weniger Glück hatten Bahn-Fahrer: Weil über Nacht Weichen eingefroren waren, fielen am Dienstag viele Züge aus. Zwischen Wuppertal und Hagen etwa ging am Vormittag nichts mehr. Ein weiteres Problem: "Dieselzüge können bei anhaltender Kälte wie ein Auto morgens erst mal nicht anspringen", sagte ein Bahnsprecher.

In Polen sind am Dienstag bei minus 25 Grad acht Menschen erfroren. In Frankreich mussten hunderte Passagiere die Nacht auf dem Flughafen Charles de Gaulle verbringen, weil Flüge gestrichen wurden. Weil in Frankreich viele Haushalte mit Strom heizen, ist der Verbrauch schlagartig auf Rekordniveau gestiegen.

Nein, sagt Meteorologe Ansgar Engel vom Deutschen Wetterdienst. Auch bei einer nachweisbaren Erderwärmung könne es immer wieder punktuell zu Kälteeinbrüchen kommen - eben nur seltener. "Wenn man den Klimawandel irgendwann wirklich merkt und gar kein Schnee mehr fällt, ist es schon lange zu spät", sagt Engel.

Wissenschaftler nennen den vom Wind verursachten Unterschied zwischen der gemessenen und der vom Menschen gefühlten Temperatur Windchill (engl. = Windkühle, -frösteln): Der Wind bläst das warme Luftpolster weg, das unsere Haut ständig umgibt und kühlt den Körper aus. Der reagiert irgendwann mit einer Art Notprogramm: Er stoppt die Durchblutung von Händen, Füßen, Nase und Ohren, damit der Rest länger warm bleibt. Dann kann es sogar zu Erfrierungen kommen. Der Windchill wird nicht gemessen, sondern nach einer komplizierten Formel errechnet. Faustregel: Je stärker der Wind, desto beißender die Kälte. Bei gemessenen Temperaturen um -10 Grad und einer mäßigen Windgeschwindigkeit von 15 km/h entspricht dies einem Kälteempfinden von -16,7Grad. Bei 40 km/h wäre die gefühlte Temperatur bereits auf -20,8 Grad gesunken.

Sich dick einpacken - und Ohrringe oder Piercings rausnehmen. "Das Metall friert an der Haut fest", sagt eine Sprecherin der Techniker Krankenkasse. Wer Piercings an der Nase oder am Bauch trage, riskiere schmerzhafte Erfrierungen - bis hin zu einer schwärzlichen Verfärbung der Haut.

Mit der richtigen Kleidung sind Spaziergänge bis zu einer Stunde kein Problem.

Nein, Winterdiesel, den es an den Tankstellen seit November gibt, ist bis zu minus 23 Grad nutzbar.

Ja, sie verlieren ihre Ladung schneller. Wer unbedingt draußen telefonieren muss, sollte das Handy mit einer Hülle schützen, raten Experten.

Erst mal ja. Am Mittwoch und Donnerstag bleiben die Temperaturen laut Wetterbericht deutlich unter Null. Erst zum Wochenende wird es wenigstens um null Grad.

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