Fußfessel für brutale Männer

Frankreich geht gegen die Exzesse vor. Jede Woche werden drei Frauen zu Hause von Partnern getötet.

Paris. Sie entdecken Tania (26) blutüberströmt in ihrer Wohnung nahe Paris. Die junge Frau, Mutter eines 18 Monate alten Babys, ist mit mehreren Messerstichen umgebracht worden. Der Täter ist ihr Ex-Ehemann, ein mutmaßlicher Serienvergewaltiger, der wenig später verhaftet wird.

Das Beklemmende an dieser Familientragödie: Tania hat die Behörden mehrfach um Schutz vor ihrem Ex gebeten. Nun klagen ihr Vater und die Geschwister die Justiz und die Polizei an: "Hätten sie auf Tania gehört, würde sie noch leben."

Der Mordfall Tania ist kein Einzeldelikt. 156 Frauen sind im vergangenen Jahr in Frankreich durch ihre Ehemänner, Lebensgefährten oder Ex-Partner getötet worden. Umgerechnet sterben jede Woche drei Französinnen an den Folgen häuslicher Gewalt. Allein für 2010 weist die Kriminalstatistik bereits 17 Tote auf. "Man nimmt einen gewalttätigen Ehemann fest und verurteilt ihn auf Bewährung. Die hindert ihn allerdings nicht daran, rückfällig zu werden", sagt Luc Frémiot, Staatsanwalt in Douai.

Nun zieht die französische Regierung die Notbremse. Ein Gesetzentwurf, der nun in die Nationalversammlung eingebracht wurde und von den großen Parteien unterstützt wird, sieht die Einführung der elektronischen Fessel vor. Eine Technologie, die in Spanien bereits von 15 000 Frauen in Anspruch genommen wird.

Sie trägt ständig einen GPS-Empfänger - eine Art Handy - bei sich, der bei Gefahr Alarm schlägt. Der prügelnde Partner hat den Sender am Fuß oder am Handgelenk. Unterschreitet er - trotz Verbot - den Mindestabstand von 500 Metern zu der Wohnung der Frau, ihrem Arbeitsplatz oder dem Kindergarten, wird automatisch eine Polizeistreife losgeschickt.

Die Erstochenen und Erschlagenen, die Erwürgten und Erschossenen stellen in Frankreich nur die Spitze des Eisbergs dar. Jede zehnte Französin gibt an, von ihrem Partner geschlagen und gedemütigt, belästigt und bedroht zu werden. Acht Prozent leiden ferner unter den Folgen psychischer Gewalt. Doch rund 90 Prozent der Opfer trauen sich nicht, den prügelnden Ehemann anzuzeigen. So ist es dann meistens der Sturz von der Treppe, der das Auge blau und die Lippe blutig gemacht hat.

Strafverfolger wie Luc Frémiot begrüßen zwar die Einführung der elektronischen Fessel, Wunder verspricht er sich davon jedoch nicht. "Weil die Fessel nicht den Kern des Problems trifft", sagt Frémiot. Er ist ein entschiedener Verfechter der "Null-Toleranz"-Strategie.

Ginge es nach ihm, müsste das Regelwerk schon nach der ersten Ohrfeige greifen. Mit Erfolg schickt er Prügel-Ehemänner in Therapiegruppen, wo sie drei Stunden pro Woche ihr Herz ausschütten können. "Wir schließen einen Vertrag: Lassen sie sich schon nach dem ersten Vorfall behandeln, ziehe ich die Klage zurück", sagt Frémiot. Fazit: Nur noch sechs Prozent werden rückfällig.

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