Frühlingsbeginn: Wenn die ersten Blumen blühen, scheint vieles möglich

Mit dem Beginn des Frühlings liegt Veränderung in der Luft. Nicht nur die Pollen fliegen — auch die Gedanken.

Düsseldorf. Der Frühling ist da. Das ist „zwar jedes Jahr dieselbe Sache“, wie Erich Kästner schreibt, doch gleichzeitig sei es „immer wie zum ersten Mal“. Der Frühling steht für etwas Neues. Veränderung liegt in der Luft.

„Arabischer Frühling“, „Prager Frühling“ — unter diesen Begriffen sind politische Reformbewegungen in die Geschichte eingegangen. Wären die Ereignisse des „Deutschen Herbstes“ von 1977 dagegen ein paar Monate früher passiert, würde man heute kaum vom „Deutschen Frühjahr“ sprechen. Der Frühling kann nur Schönes und Gutes sein.

Ist es vielleicht sogar so, dass die Herrscher ihn fürchten müssen, weil sich Aufstände bevorzugt im Frühjahr ereignen? „Nein“, sagt der Historiker Prof. Wolfgang Behringer von der Universität des Saarlandes, der den Einfluss des Klimas auf die Geschichte erforscht. Man denke nur an Lenins Oktoberrevolution und die deutsche Novemberrevolution am Ende des Ersten Weltkriegs.

Wer die Geschichte betrachte, stelle eher fest, dass der Herbst eine kritische Jahreszeit sei: Da zeigt sich, wie die Ernte ausgefallen ist. „Oder auch der Winter. Wenn die Mühlen einfrieren und damit die Wirtschaft stillsteht. Das war so im Winter vor der Französischen Revolution.“

In der Literatur steht der Frühling für das Aufkeimen von etwas Neuem. „Kein radikaler Umsturz, sondern mehr im Sinne von: Da kommt etwas, das lässt sich nicht aufhalten“, erläutert der Germanist Prof. Moritz Baßler aus Münster. „Da kann sich das Alte noch so sehr dagegen sträuben, das Neue wird sich irgendwann durchsetzen.“

Vor allem aber ist der Frühling eine Metapher für die Liebe. Frühlingsgefühle, Frühlingserwachen! „Es gibt nichts, was mehr angedichtet wurde“, sagt Baßler. So manches Frühlingsgedicht wirkt am Dienstag übertrieben schwärmerisch. Es ist ja schön, wenn’s wieder grün wird — aber so schön? Das liegt wohl daran, dass moderne Stadtmenschen gar nicht mehr nachempfinden können, was der Frühling früher bedeutete. „Das muss man sich mal vorstellen“, sagt Baßler, „noch vor 200 Jahren: keine richtige Heizung, kein elektrisches Licht. Und dann auch das Essen — die konnten im Winter ja nur von Eingemachtem leben!“

Unter solchen Umständen empfand man es geradezu als Erlösung, wenn der Frühling endlich wieder „sein blaues Band durch die Lüfte flattern“ ließ. Wobei — warum eigentlich blau? Grün wäre doch wohl naheliegender. „Das blaue Band steht für den Himmel“, erläutert Monika Pohlschmidt vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. „Den Himmel, der im Frühling wieder viel heller und klarer leuchtet.“

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