Freibad-Knigge für die heißen Tage: Was ist erlaubt und was nicht?

Oben ohne, Alkohol, laute Musik — wenn viele Menschen gemeinsam ins Wasser gehen, muss geklärt sein, was erlaubt ist und was nicht.

Freibad-Knigge für die heißen Tage: Was ist erlaubt und was nicht?
Foto: dpa

Düsseldorf. Samstagnachmittag in Brühl bei Heidelberg. Ein Mann sitzt im Freibad am Beckenrand und isst Chips — eine profane Situation, die mit einem Rettungs- und Polizeieinsatz endet. Denn ein 28 Jahre alter Schwimmmeister weist den Badegast darauf hin, das Essen am Becken sei nicht erlaubt. Den Unbekannten bringt dies derart in Rage, dass er ausrastet. Der Schwimmmeister trägt eine Platzwunde, blutige Kratzer und Prellungen davon — der Schläger und sein Knabberzeug sind über alle Berge.

Ein Extremfall, der zeigt: Klare Regeln sind wichtig, wenn Menschenmassen, die einen sehr ehrlichen Querschnitt der Gesellschaft bilden, aufeinanderprallen. Zumal wenn sie dies halbnackt und in sehr intimer Weise — eben beim gemeinsamen Baden — tun. Aber auch viel Augenmaß, haben uns Bäderexperten aus der Region erklärt.

Die Chipstüte am Beckenrand wäre auch in den Düsseldorfer Freibädern nicht gern gesehen. Ralf Merzig von der Bädergesellschaft erklärt: „Wir wollen keine Chips im Wasser.“ Ein verständliches Anliegen, das ja auch der Schwimmmeister in Brühl vorgetragen hatte. Merzigs Mitarbeiter bekommen seit vielen Jahren Deeskalationstrainings bei der Polizei für ebensolche Situationen — seit dem vergangenen Jahr zusätzlich eine Schulung „für den Fall, dass die Deeskalation missglückt“, sagt Merzig diplomatisch. Es gehe aber nicht darum, dass die Bademeister durchgreifen. „Dazu ist die Polizei da. Unsere Leute sollen sich nur schützen und aus der Situation befreien.“ Das reiche bislang auch aus. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Freibäder quer durch die Republik private Sicherheitsdienste engagiert, um Personal vor Badegästen und Badegäste voreinander zu schützen. Davon sei man in Düsseldorf weit entfernt.

Im Badezentrum Bockum in Krefeld hingegen ist ein Wachmann mittlerweile immer vor Ort. Man merke, dass „gesellschaftliche Entwicklungen“ wie eine generell abnehmende gegenseitige Rücksichtnahme sich auch im Schwimmbad niederschlügen, sagt Dieter Porten vom Fachbereich Sport und Bäder der Stadtverwaltung. Vor allem aber wolle man, dass sich die Schwimmmeister ausschließlich ihrer originären Aufgabe widmen können, statt Ball spielende Jugendliche zu maßregeln. „Das ist das klassische Thema“, so Porten. Im Naturfreibad Hüls etwa stünden extra kleine Tore im Randbereich bereit — aber mitten auf der Liegewiese gehe es eben nicht. „Das beenden wir dann — und das gibt auch mal Probleme.“ Generell versuche man aber, eine einvernehmliche Regelung zu finden. Nur sehr selten müsse mal die Polizei anrücken, körperliche Auseinandersetzungen gebe es überhaupt nicht.

„Wir gucken über vieles hinweg“, sagt auch Thomas Koch, Leiter des Wuppertaler Freibades Mählersbeck. „Außer wenn andere belästigt oder gefährdet werden.“ Getränke — auch alkoholische — seien deshalb erlaubt, nicht aber in Glasflaschen. „Und volltrunkene Gäste begleiten wir nach draußen.“ Ansonsten sei die gastronomische Regel einfach: Um das Becken herum steht ein Zaun, innen darf weder verzehrt noch geraucht werden.

Auch für den Dauerbrenner „Springen vom Beckenrand“ hat Koch eine simple Lösung: In seinem Bad gibt es eine „Springerseite“, von der alles, was platscht und spritzt, grundsätzlich gestattet ist. In Düsseldorf setzt Ralf Merzig wiederum auf Fall-zu-Fall-Entscheidungen: „Wir wollen mit unseren Regeln niemanden provozieren.“ So müsse an heißen Sommertagen das Sprungverbot quer zu den Startblöcken rigoros durchgesetzt werden, um Zusammenstöße zu vermeiden. Aber bei Schlechtwetter dürfe man es ruhig mal aushebeln: „Es wäre einfach affig, wenn da nur zwei Leute im Becken sind ...“, verdeutlicht Merzig. „Unsere Fachkräfte können damit gut umgehen und betreiben auch keinen Machtmissbrauch.“

Ähnliches gilt bei Musik — regelmäßig ein Stein des Anstoßes für Zwist im öffentlichen und halböffentlichen Raum. Aber weder in Wuppertal noch in Düsseldorf springt das Badpersonal auf, wenn Jugendliche ihre kleinen Boxen herauskramen. „Es ist erlaubt, so lange sich keiner beschwert“, fasst Merzig die Hausordnung zusammen. Sogar Musikinstrumente seien zulässig. „Vielleicht würde ich mich sogar dazusetzen“, scherzt der Leiter für Bäderbetrieb und Personal. Etwa im städtischen Freibad Lörick könne man sich auf einer Liegefläche von 98 000 Quadratmetern gut aus dem Wege gehen. „Und da kann man auch ungestört Gitarre üben.“

Einheitlich sind auch die Bekleidungsvorschriften: „Oben ohne“ können sich sowohl die Wuppertaler als auch die Düsseldorfer sonnen. Aber ins Wasser geht es nur mit Oberteil. Denn dort, so Ralf Merzig, sei die Gefahr einer zufälligen Berührung größer. Und zum Streitthema Burkini: Er ist gestattet, sofern er aus nicht saugfähigem Material besteht — damit er nicht zu schwer wird und sinkt.

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