Franziskus — nah bei den Menschen und mitten im Leben

Der neue Papst pflegt einen unorthodoxen Stil. Er soll sogar nachts durch die Straßen Roms streifen.

Franziskus — nah bei den Menschen und mitten im Leben
Foto: L'osservatore Romano

Rom. Noch ist es kein Jahr her, dass der zurückhaltende Theologieprofessor Joseph Ratzinger kundtat, den Stuhl Petri im Vatikan räumen zu wollen. Und schon jetzt ist völlig umgekrempelt, wie die katholische Weltkirche geführt wird. Kaum eine Woche vergeht, in der der spontane Argentinier Jorge Mario Bergoglio, Papst Franziskus, nicht Schlagzeilen macht. Seine offene Art zeigt sich bereits, wenn er der Menge auf dem Petersplatz nach dem Angelus-Gebet noch eine guten Appetit wünscht. Und sie gipfelt in den Gerüchten, er streife nachts durch Rom, treffe sich mit Obdachlosen.

Ein Papst büxt aus, lässt die kalten Vatikanmauern hinter sich, fährt im Bus durch die Ewige Stadt. Diese Szene meint zwar einen anderen Papst, einen fiktiven: Michel Piccoli in dem herzerwärmenden Film „Habemus Papam“ von Nani Moretti, in dem einer zum Papst gekürt wurde, der gar nicht Papst werden wollte. Doch selbst ein solches Ausbüxen aus dem Vatikan trauen Medien inzwischen dem Argentinier zu, der in kürzester Zeit einen neuen Stil eingeführt hat. Allein, indem er in Rom weiterzuleben versucht wie während seiner Zeit in Buenos Aires.

Bergoglio (77) hat seinen Teil dazu beigetragen, dass sich jetzt auch solche Anekdoten um seine Person ranken. Selbst wenn der Vatikan es bestritt — zumindest von einem nächtlichen Ausflug des Papstes zu Obdachlosen wussten die italienischen Medien zu berichten.

Kurz vor Weihnachten lud Franziskus Obdachlose in seine Frühmesse ein. Wie wichtig ihm die Menschen sind, das zeigt er voller Demut. So umarmt Franziskus entstellte Männer, wäscht Gefängnisinsassinnen die Füße.

Und dann die Sache mit dem Telefonieren. Wobei die Grenze zwischen Legende und Wahrheit mitunter nur dann klar zu erkennen ist, wenn der Vatikan ein angebliches Telefonat des Papstes überzeugend dementiert. Das war nicht notwendig, als der längst als Vieltelefonierer und Selbstwähler bekannte Argentinier einem spanischen Karmelitinnen-Kloster sogar auf das Band sprach. Neujahrswünsche wollte er loswerden, dokumentierten Fernsehsender, doch niemand ging da an den Apparat.

Der „warmherzige und bescheidene Mann“ war schon in Buenos Aires dafür bekannt, selbst zu kochen und persönlich ans Telefon zu gehen. Franziskus ist praktisch und bodenständig, trägt seine Aktentasche selbst. Er will nicht hoch oben im Apostolischen Palast logieren, ihn zieht es auch nicht in die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo.

An Bedürftige in Rom verschenkt er gerne Telefon- oder Metrokarten. Selbst Kirchenkritiker sehen ihn als glaubwürdig an in seinem Wunsch nach einer „armen Kirche der Armen“. Da könnte es Franziskus durchaus egal sein, ob sich Legenden unter Berichte über ihn mischen.

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