Faszination Wolken

Luft und Wasser - Wer nur nach oben schaut, um rasch zu entscheiden, ob die Regenjacke heute gebraucht wird, verpasst viel. Denn die Gebilde am Himmel haben etwas zu erzählen. • FOTOS: Kleine Wolkenkunde

Düsseldorf. Neidvoll lassen wir den Blick gen Himmel schweifen: Schwerelos ziehen die Wolken über die Landschaft, kennen keine Ländergrenzen und keinen Migrationshintergrund. Je nach Lust und Laune verändern sie ihr Aussehen und brauchen dafür keine Entschuldigung.

Seine Zeitgenossen, besonders die Künstler, finden Howards Vorstellung grauenhaft. Den Wolken werde die Freiheit ihrer Formlosigkeit geraubt, beklagen sie. Für Caspar David Friedrich, einen der bekanntesten Maler der Romantik, ist die Sache unerträglich: "Da kommt ein kleiner Engländer daher und klassifiziert die Wolken." Das sei ein Eingriff in seine Freiheit als Maler, "ein Übergriff auf alle freien Geister in der Welt".

Der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe reagiert völlig anders. Er ist vom Treiben des englischen Apothekers so begeistert, dass er eine Hymne mit dem Titel "Howards Ehrengedächtnis" schreibt. Die beiden werden Brieffreunde.

Heute tauschen sich die Wolkengucker aller Welt vor allem über das Internet aus. Und wieder ist es ein Engländer, der eine skurrile Idee hat: Der Journalist Gavin Pretor-Pinney gründet im weltweiten Netz die Cloud Appreciation Society, einen Verein zur Wertschätzung der Wolke.

"Wir glauben, dass die Wolke zu Unrecht schlecht gemacht wird", steht im Gründungsmanifest. Die Vereinsmitglieder wettern zum Beispiel gegen typische Postkarten, auf denen immer nur ein strahlend blauer Himmel gezeigt wird: "Das ist doch langweilig!" Wer die zahlreichen selbsterstellten Fotos und Kunstwerke der Wolkengucker anschaut, lässt sich überzeugen, wie faszinierend die Gebilde da oben sein können.

Wolken können eben auch ein Synonym für Umweltverschmutzung sein: Es waren die unsichtbaren Wolken, die nach dem Unfall in Tschernobyl die Radioaktivität in die Welt getragen haben. Und die jüngsten Waldbrände in Griechenland haben, wie schon unzählige Male zuvor, dunkle Schmutzwolken am Himmel entstehen lassen, die nicht abregnen können.

Wolken sind für uns Menschen auch deswegen so spannend, weil wir unsere Gefühle in sie hinein projizieren können. Raumauflösende Nebel über Hügel und Tal lassen uns melancholisch werden. Zartes Wolkengefieder, das über den Himmel fegt, versetzt uns in Aufregung. Schäfchenwolken beruhigen uns so sehr, dass deren Anblick Müdigkeit verströmt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort