Fahrradbranche setzt auf E-Bikes - neuer Trend Lastenrad

München (dpa) - Die Bundesbürger kaufen seit Jahren weniger Räder. Aber sie geben im Schnitt mehr Geld für ihren Drahtesel aus. Den Fahrradherstellern rettet der Trend zu E-Bikes den Umsatz.

Die Fahrradbranche steht unter Strom. Das stetig wachsende Interesse an Elektrorädern hilft, den sinkenden Umsatz auszugleichen - und weckt Hoffnung auf Wachstum. Auch auf der Fahrradmesse Ispo Bike (25. bis 28. Juli) in München stehen die Räder mit Hilfsmotor im Mittelpunkt. Denn mengenmäßigen Zuwachs gibt es auf dem deutschen Radmarkt nicht. Seit Jahren sinkt die Zahl der verkauften Drahtesel leicht. Zuletzt drückte der verregnete Sommer 2012 den Absatz um 150 000 auf 3,95 Millionen.

Im Blick haben die Hersteller nun vor allem Kunden, die bisher nicht so sehr auf das Fahrrad setzen, Berufspendler etwa. „Das E-Bike bietet viele Möglichkeiten. Gerade in den Städten oder in Stadtnähe könnte es das Auto ersetzen“, sagt der Sprecher des Branchenverbands (ZIV), Stephan Schreyer. Knapp jeder Zweite der gut 34 Millionen Pendler hat laut Statistischem Bundesamt einen Weg von weniger als 10 Kilometern zur Arbeit zurückzulegen.

Eine solche Strecke ließe sich gut mit dem E-Bike bewältigen, sagt Armin Falkenhein vom Fahrradclub ADFC. Schnell, preiswert, gesund und flexibel sei das Radeln. „Mit dem E-Bike kommt man nicht ins Schwitzen und kann Alltagskleidung tragen“, sagt Falkenheim. Noch ist viel Luft nach oben: 90 Prozent der Deutschen hätten noch nie auf einem E-Bike gesessen, sagt Dieter König vom Verein ExtraEnergy, der sich für die Verbreitung von E-Bikes einsetzt.

Das Potenzial ist laut Zweirad-Industrie-Verband enorm. Der ZIV rechnet mit gut 450 000 verkauften Exemplaren im Jahr 2013 - das wäre ein Plus von noch mal fast 19 Prozent zum Vorjahr. Insgesamt sind in Deutschland etwa 1,3 Millionen E-Bikes unterwegs. Inzwischen ist jedes zehnte verkaufte Rad ein E-Bike, 2012 stieg der Verkauf um 15 Prozent, der Absatz von klassisch muskelbetriebenen Fahrrädern ging hingegen um rund fünf Prozent auf gut 3,6 Millionen zurück.

Für die Fahrradindustrie entwickelt sich das Nischenthema zu einem wichtigen Umsatzbringer. Denn die stromgetriebenen Zweiräder sind teurer, treiben also die Erlöse nach oben. Überhaupt lassen sich die Kunden in Deutschland ihr Zweirad mehr kosten. Im Schnitt, so der ZIV, legten Käufer 2012 pro Rad 513 Euro auf den Tisch. Zwei Jahre zuvor waren es noch 53 Euro weniger.

Auf der Ispo Bike wollen die Anbieter einen weiteren Trend setzen: So sollen Lastenfahrräder mit elektrischer Unterstützung dem Geschäft den nächsten Schub verleihen. Der Transport mit dem Fahrrad rücke zunehmend auch ins Visier von Firmen. So könnten Lastenfahrräder mit Zuladung von bis zu 200 Kilogramm etwa Teile auf dem Werksgelände transportieren. „Das Potenzial ist da, die Kundschaft fragt das an“, sagt König. Bisher ist der tatsächliche Verkauf der 3500 bis 10 000 Euro teuren Räder aber überschaubar: In den Statistiken des ZIV fallen die sogenannten Cargo-Bikes unter „Sonstiges“.

Nichtsdestotrotz: Einige Logistikfirmen oder Handwerker haben das Thema bereits für sich entdeckt, wie Falkenhein sagt. Die Messe widmet den Lastenrädern mit Hilfsmotor dieses Jahr erstmals einen eigenen Bereich mit elf Ausstellern. „Wir glauben, dass sich die Cargo-Räder aus der Nische heraus zu einem echten Verkehrsmittel entwickeln“, sagte der Chef der Messe München, Klaus Dittrich. Die Deutsche Post etwa nutzt die E-Technik längst. 6400 E-Bikes sind im Einsatz - das sei vor allem für ältere Arbeitnehmer eine Entlastung, sagt ein Post-Sprecher.

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