Extremkälte in Europa: Schon mehr als 220 Tote

Berlin (dpa) - Die Extremkälte in Europa bringt jeden Tag mehr Menschen den Tod: Auf dem Kontinent sind inzwischen mehr als 220 Menschen erfroren, vor allem in Osteuropa.

Seit dem Wochenende starben allein in der Ukraine mehr als 100 Menschen, viele von ihnen auf der Straße. In Rumänien tötete die Kälte 24 Menschen, in Polen 17, in Tschechien und Bulgarien jeweils elf, in der Slowakei mindestens zwei. Auch in Frankreich und Italien gab es Tote. Russlands Behörden registrierten allein im Januar über 64 Kälteopfer.

Auch in Deutschland erfroren in den vergangenen Tagen mehrere Menschen. Am Freitag entdeckte eine Frau einen toten 53-Jährigen in Großwirschleben (Sachsen-Anhalt), der betrunken vom Fahrrad gestürzt und liegengeblieben sein dürfte. Am Donnerstag war bereits in Magdeburg ein Obdachloser erfroren.

In der Nacht zum Freitag wurden erneut arktische Temperaturen gemessen - im sächsischen Deutschneudorf zum Beispiel minus 26,4 Grad. An vielen Schulen in Europa gab es kältefrei - sogar in Rom. Die ostfriesischen Inseln Juist und Wangerooge sind komplett von der Außenwelt abgeschnitten, weil die Witterung nach den Fähren nun auch die Flugzeuge stoppte. Versorgungsengpässe soll es aber nicht geben.

Die Fußballspiele der Bundesliga an diesem Wochenende sind jedoch trotz der Kälte nicht von Absagen bedroht.

DEUTSCHLAND:

In Deutschland heißt es weiter bibbern: „Es bleibt vorerst noch kalt“, sagte die Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst. Ein Tief über der Ostsee bringe etwas Schnee nach Norddeutschland. In Sachsen-Anhalt forderte die Polizei die Bevölkerung auf, kältebedrohte Obdachlose und hilflose Menschen zu melden. Im Zweifel sei es besser, einmal zu viel anzurufen.

Die Bahn meldete keine größeren Störungen im bundesweiten Zugverkehr. In Bremen dürfen Obdachlose bis Ende Februar kostenlos Bus und Straßenbahn fahren, um sich aufzuwärmen, wie die Betreibergesellschaft BSAG mitteilte.

Flüsse wie die Oder und die Elbe frieren nach und nach zu. Am Freitag wurde auf der Elbe zwischen Dömitz (Mecklenburg-Vorpommern) und Hamburg die Schifffahrt eingestellt.

Bereits am Donnerstag gab es für den ADAC den einsatzstärksten Tag der Pannenhilfe in diesem Winter. Die ADAC-Helfer rückten zu 27 512 Pannen aus. Auf vielen Autobahnen ging es auch am Freitag nur langsam voran.

In vielen Mittelgebirgen, zum Beispiel im Harz, herrschten beste Wintersportbedingungen.

OSTEUROPA:

In der Ukraine erfroren bis Freitagmorgen mindestens 38 weitere Menschen bei bis zu minus 32 Grad. Damit stieg die Zahl der Kältetoten offiziell auf 101, wie das Zivilschutzministerium in Kiew mitteilte. Mehr als 1200 Menschen werden wegen Erfrierungen in Krankenhäusern behandelt. Die ukrainische Regierung erhöhte die Zahl der Wärmestuben auf fast 3000. Landesweit sind knapp 90 Prozent der Schulen geschlossen.

Russlands Regierung nannte erstmals offizielle Zahlen zu den Kälteopfern: Demnach erfroren im Januar insgesamt 64 Menschen. Das berichtete die Agentur Itar-Tass.

Die Fährverbindung zur Insel Putjatina unweit der Großstadt Wladiwostok am Pazifik war erstmals seit Jahren wegen dicker Eismassen unterbrochen.

In Bulgarien ist die Donau-Schifffahrt stark behindert. Der Fluss sei bei den Städten Russe und Silistra bis zu 60 Prozent zugefroren, teilte die bulgarische Donaubehörde mit.

In Weißrussland blieben rund 900 Schulen wegen der Kälte geschlossen.

MITTELEUROPA:

In Polen rief Innenminister Jacek Cichocki angesichts der bisher kältesten Nacht des Winters und nach mindestens 17 Toten in wenigen Tagen die regionalen Behörden auf, sich verstärkt um Alte und Kranke zu kümmern.

In Tschechien hielt am Freitag die Böhmerwald-Gemeinde Kvilda den Kälterekord: minus 38,1 Grad. Eingefrorene Weichen oder gebrochene Schienen behinderten noch immer den Bahnverkehr.

WESTEUROPA:

In Lothringen in Frankreich erfror am Freitag ein 82-Jähriger in einem Wald nahe der Grenze zu Rheinland-Pfalz. Nach Angaben der Rettungskräfte litt er an Alzheimer und war im Pyjama zu einem Spaziergang aufgebrochen. Für Obdachlose wurden in allen Landesteilen Notunterkünfte eingerichtet. Angesichts der Kälte erwarteten die Energieversorger neue Rekorde beim Gas- und Stromverbrauch. Viele französische Haushalten heizen traditionell mit Elektrizität.

SÜDEUROPA:

In Italien mussten tausende Menschen in ihren Häusern ohne Strom auskommen, Züge blieben im Schnee stecken. Ein 46-Jähriger wurde in seinem schneebedeckten Auto in einer Bergortschaft der Provinz Isernia im Süden gefunden. In Mailand starb ein Obdachloser.

In Spanien wurde für Freitag bis Sonntag ein Temperatursturz bis auf etwa minus zehn Grad vorhergesagt. Von einem Rekord ist Spanien allerdings noch weit entfernt. Die bisher niedrigste Temperatur wurde 1956 mit minus 32 Grad in der katalanischen Provinz Lleida gemessen. Bisher hatte sich der Winter in Spanien kaum blicken lassen. Noch vor ein paar Tagen herrschten fast überall etwa 15 Grad. Nur in Katalonien, auf Mallorca und im Norden hatte es etwas geschneit.

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