Ein zweites Herz für Nina

Ohne Herztransplantation wäre die Vierjährige aus Bocholt gestorben.

Ein zweites Herz für Nina
Foto: dpa

Bocholt/Hannover. Vor gut einem Jahr hatte Nina noch zwei Herzen. Eines pumpte schwach in ihrer Brust. Das andere fuhr immer neben ihr her, wog 90 Kilo, war so groß wie ein Einkaufswagen und half, Blut durch ihren Körper zu pumpen. Das heute vierjährige Mädchen aus Bocholt wurde mit einem schweren Herzfehler geboren. Nach vier Operationen und Einsetzen eines Herzschrittmachers sahen die Ärzte nur noch eine Möglichkeit, um Ninas Leben zu retten: Ein externes Kunstherz als Übergangslösung und dann eine Transplantation des Herzens eines Organspenders.

Weil es in Deutschland immer weniger Organspender gibt, müssen Krankenhäuser bei Patienten wie Nina immer häufiger auf Übergangslösungen setzen. Jedes zweite Kind, das in Deutschland auf ein Spenderherz wartet, erhält inzwischen zunächst ein Kunstherz, berichtete gestern die Medizinische Hochschule in Hannover, wo Nina behandelt wird.

Ein Kind mit Kunstherz muss oft monatelang auf der Intensivstation im Krankenhaus bleiben, damit es mit möglichst wenigen Keimen in Kontakt kommt und sich die Einstichstelle der Pumpe im Körper nicht entzündet. Es darf nur selten mit anderen Kindern spielen, muss immer die Hände waschen. Aber Ninas Mutter Claudia sagt: „Für Nina war das Kunstherz ganz normal, sie hat es auch mit der Taschenlampe abgeleuchtet.“

Ninas Vater Michael oder ihre Mutter Claudia waren immer bei ihr am Krankenbett. „Wir haben immer nur auf die eine Mitteilung gehofft, dass ein Spenderherz gefunden wurde“, berichtet Ninas Mutter.

Das kleine Mädchen musste sechs Monate lang warten, andere Kinder auch schon mehr als drei Jahre. „Nach den so genannten Transplantationsskandalen haben mehr Leute Angst, zuzustimmen, sich bei einem Hirntod Organe entnehmen zu lassen“, sagt der Direktor der Klinik für Herzchirurgie der Hochschule, Axel Haverich. Außerdem meldeten viele Krankenhäuser nicht, wenn sie einen potenziellen Organspender hätten, da sie für eine Organentnahme kaum Geld erhielten, sagt Haverich.

2011 entnahmen Ärzte laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation noch die Organe von 900 hirntoten Menschen, 2016 gab es nur noch 637 Spender. Da aber mehr Menschen in Deutschland Organe benötigen, erhalten einige Organe aus dem Ausland. Andere sterben, während sie auf der Warteliste stehen.

Ninas Transplantation ist nun ein Jahr her. Die Vierjährige, die knapp ein Viertel ihres Lebens in Krankenhäusern verbrachte, besucht inzwischen den Kindergarten. Sie lacht viel, tanzt, ihr Leben ist einfacher geworden. „Jetzt haben wir sowas wie Alltag“, freut sich ihr Vater.

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