Die Trickserei mit Lebensmitteln

In Pesto, Schokokeksen, Eis und Garnelen ist nicht immer das drin, was drauf steht.

Düsseldorf. Erst war der Käse kein Käse mehr. Dann bestand der Schinken kaum noch aus Fleisch. Nun trifft es noch mehr Lebensmittel. Eine neue Liste der Verbraucherzentrale Hamburg entlarvt weitere Lebensmittel-Imitate, und zwar komplett durch die gesamte Produktpalette. Die Verbraucherschützer haben sich angesehen, was tatsächlich in den Produkten steckt. Das erschreckende Ergebnis: Überall wird getrickst.

Von Vollkornbrot über Schokokekse, Putensalat, Pesto, Schafskäse, Hähnchenschnitten und Vanille-Eis bis hin zu Meeresfrüchte-Cocktails: alles gut getarnte Täuschungen. "Wir haben uns in den vergangenen zwei Wochen verschiedene Produkte angesehen, weil wir das gesamte Spektrum der Lebensmittel-Imitate darstellen wollten", sagt Silke Schwartau, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Die elf herausstechenden Tricksereien haben die Verbraucherschützer nun veröffentlicht.

Besonders dreist sei zum Beispiel der Hersteller eines Erdnuss-Snacks mit Wasabi-Geschmack, sagt Schwartau. "Da steht auf der Packung in riesigen Buchstaben Wasabi drauf, aber da ist noch nicht mal eine Spur von Wasabi drin."

Statt des japanischen Meerrettichs würden minderwertige Zutaten verwendet, um den Geschmack nachzuahmen: Spirulina-Konzentrat (Algenkonzentrat), Aroma, Geschmacksverstärker und Farbstoff. "Das ist so, als wenn Auto drauf steht, aber ein Fahrrad drin ist", sagt Schwartau.

Ebenso schlecht schneiden Kekse ab, deren Schokoladenfüllung aus einem Zutaten-Mix aus fettarmem Kakaopulver (3,7 Prozent), Zucker und gehärtetem Pflanzenfett hergestellt wird. Getäuscht wird der Verbraucher häufig auch bei Garnelen.

Bei Surimi-Garnelen weckt der Zusatz "gefangen" den Eindruck, es handle sich um echte Garnelen. Tatsächlich ist Surimi aber ein Krebsfleischimitat, hergestellt aus Fischeiweiß, Geschmacksverstärkern, Aromen, Farbstoffen und nicht selten auch Hühnereiweiß.

Durch die Verwendung von billigen Ersatzstoffen könnten die Hersteller Produktionskosten sparen, sagt Schwartau. "Aber sie bieten die Produkte nicht immer auch den Kunden billiger an." So waren unter den elf untersuchten Produkten zum Beispiel auch zahlreiche Waren von Markenherstellern.

Um so schwieriger wird es für die Anbieter, die keine Imitate verwenden. "Wie sollen die im Preiskampf mit den Imitate-Anbietern bestehen?", fragt Schwartau. In den vergangenen fünf Jahren hätten die Tricksereien bei den Lebensmittelherstellern zugenommen. Für die Verbraucherschützerin liegt die Schuld dafür bei der Politik.

"Der Gesetzgeber hat viel zu lasche Gesetze erlassen." Deswegen fordern die Verbraucherschützer auch eine bessere Lebensmittelkennzeichnung, eine lesbare und sichtbare Zutatenliste sowie eine Kennzeichnung für Lebensmittel, die lose verkauft werden wie zum Beispiel der untersuchte Meeresfrüchte-Cocktail.

Forderungen, die die Hersteller für unnütz halten. Sie halten ihre Produkte für ausreichend gekennzeichnet. Auf Anfrage von "Spiegel Online" wiesen einige Produzenten, deren Lebensmittel die Verbraucherschützer unter die Lupe genommen hatte, die Vorwürfe zurück, dass sie mit ihren Produkten den Anschein erwecken wollen, es handle sich dabei um echte Produkte.

Die Verbraucherschutzzentrale prüft derweil, ob sie in einigen Fällen rechtliche Schritte einleiten wird. Zudem hält Schwartau die Imitate auch für gesundheitlich bedenklich. Zum einen peppten die Hersteller sie meist durch Farbstoffe und Geschmacksverstärker auf. Diese führten dazu, dass der Käufer zu viel davon isst.

Zum anderen fehlten den Imitaten genau die gesunden Vitamine, Mineralstoffe und sekundären Pflanzenstoffe der Zutaten, die ersetzt wurden. Solange die Gesetzeslage den Lebensmittel-Produzenten die Tricksereien ermöglicht bleibt dem Verbraucher nichts anderes übrig, "als ganz genau auf die Zutatenliste und das Kleingedruckte zu achten", sagt Schwartau.

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