Die „Stauvermeider“ in NRW

Die Mitarbeiter der Verkehrsleitzentrale in Leverkusen kontrollieren die Autobahnen. Ihr Ziel: Der Verkehr muss fließen.

Leverkusen. Morgens um 8.30 Uhr: Rushhour auf den Autobahnen in NRW. Insgesamt gibt es 160 Kilometer Stau — der werktägliche Wahnsinn. Von der Verkehrszentrale in Leverkusen wird er gesteuert. Auf dem Bildschirm von Sascha Grieger werden die langsamen Fahrzeuge zu roten Linien. Das bedeutet Stau. Je heller das Streckennetz wird, desto weniger Fahrzeuge sind unterwegs. Bei grün ist die Bahn frei. Grieger ist sogenannter Operator und überwacht mit seinen Kollegen die Verkehrssituation.

Wie ein großes Cockpit wirkt der Raum, in dem die Operatoren arbeiten. Die Mitarbeiter thronen hinter jeweils zwölf Bildschirmen. Fenster gibt es keine. „Auf der A 3 zwischen Dellbrück und Mülheim staut es sich“, sagt der 32 Jahre alte Grieger. Seit sechs Uhr in der Früh sitzt er bereits an seinem Arbeitsplatz. „Wir sprechen von Stau, wenn die Fahrzeuge ein Tempo unter 35 Stundenkilometer fahren“, erklärt der Leiter der Verkehrszentrale, Hanno Bäumer. Verkehrsdetektoren — Drähte, die im Asphalt installiert sind — erfassen die Anzahl und Geschwindigkeit der Fahrzeuge. Mit diesen Daten arbeiten dann die Mitarbeiter der Verkehrszentrale.

Sascha Grieger, Stau-Operator

Während draußen der Verkehr tobt, herrscht in der Zentrale kaum Hektik. Die Blicke sind konzentriert auf die Monitore gerichtet. Es bedarf nur weniger Klicke auf die Computermaus, und schon kann Grieger die Anzeigen auf dynamischen Informationstafeln steuern. Sie sind über der Fahrbahn angebracht und weisen Autofahrer auf mögliche Gefahren hin oder wünschen auch einfach mal eine „Gute Reise“.

„Eben habe ich beispielsweise auf eine mögliche Umleitung hingewiesen. Dann hätten die Autofahrer einen Stau umfahren können“, sagt Grieger. Auch durch Tempovorgaben könne der Operator in den Verkehrsfluss eingreifen. „Manchmal merkt der Autofahrer gar nicht, dass wir ihm geholfen haben.“ Wenn Grieger oder einer seiner Kollegen das Tempo herunterreguliert, hat sich der Stau häufig schon aufgelöst, wenn der Autofahrer zur ursprünglichen Staustelle gelangt.

Neben der Temporegulierung und den Umleitungsempfehlungen kontrollieren Grieger und seine Kollegen auch Teilabschnitte der Autobahn per Webcam. Das gesamte Streckennetz in NRW können die Operatoren allerdings nicht beeinflussen. Nicht alle Fahrbahnen sind mit elektronischen Anzeigen ausgestattet.

Prof. Dr. Andreas Knie, Mobilitätsforscher und Geschäftsführer des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel sagt: „Wir haben ein stetiges Wachstum an Fahrzeugen und ein großes Problem mit der Bereitstellung der Infrastruktur. Die Situation ist geradezu dramatisch.“ Eine Verkehrszentrale helfe da nur bedingt. „Sie reagiert lediglich auf Informationen und ein Verkehrsaufkommen, das bereits vorhanden ist.“ Ein Lösungsvorschlag: „Generell gilt die Formel: Je mehr Menschen zu unterschiedlichen Verkehrsmitteln greifen, desto schneller ist die Stadt.“ Deshalb sollte nicht immer jeder ins eigene Auto steigen.

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