Die große Freiheit auf Rädern

Grillen bei Minusgraden, Feiern im Vorzelt – die gute alte Camping-Romantik gibt es noch. Familie Ferger pflegt sie seit drei Generationen.

<strong>Solingen. Die große Freiheit hat Räder und ein Vorzelt. Zumindest bei Familie Ferger. Die Wuppertaler sind Camper - leidenschaftlich, und in dritter Generation. Großvater Helmut (81), Sohn Udo (54) mit Gattin Angelika und Enkel Andreas (26) haben jeweils einen Wohnwagen auf dem Waldcampingplatz in Solingen Glüder stehen. Sie haben sich ein zweites Zuhause im Grünen geschaffen. "Wir haben alles da. Da sind Socken drin, da Süßes und da drüben die Spiele", sagt Angelika Ferger und deutet nacheinander auf die hellen Holzschränke in dem etwa zehn Quadratmeter großen Wohnwagen. Im Vorzelt steht ein Backofen, vor der Tür sprießen vier akkurat geschnittene Buchsbäume. Direkt dahinter fließt die Wupper. Hier hat alles seinen Platz. Der Außenkamin, der kleine Holzschuppen und Helmut Ferger, den hier alle nur "Opa" nennen.

Mit ihm fing alles an. In den Fünfzigerjahren setzte er Frau und Sohn in den Beiwagen seines Motorrads, das Zelt wurde hinten drauf geschnallt und los ging’s bis an den Gardasee. 1970 sollte es dann ein bisschen mehr Komfort sein. Helmut Ferger kaufte den ersten Wohnwagen. "Da waren zwei Betten drin, ein Sitz und eine Gaslampe. Mehr nicht, kein Klo, kein Kühlschrank und kein Strom", erinnert sich der 81-Jährige. Aber das Gefühl von Freiheit machte alles wieder wett.

Und was ist mit den Vorurteilen, die sich um das Camperleben ranken und immer irgendetwas mit Bier und Jogginganzügen zu tun haben? "Es gibt hier einen Notar, der kommt am Freitag im schicken Anzug an und zehn Minuten später hat er seine Jogginghose an. Das ist ja das Schöne am Camping. Es ist völlig egal, wo man herkommt und wer man ist", sagt Udo Ferger und streckt die gebräunten Beine in die Sonne.

Jeden Freitagnachmittag verlassen die Fergers ihre Wuppertaler Wohnung gen Campingplatz. Samstags um elf ist Frühschoppen angesagt. Dann trifft sich die Camping-Clique reihum in den Vorzelten. Vier Familien kommen immer zusammen. Die Frauen spielen Karten, die Männer fachsimpeln und meistens geht es bis in den Abend so weiter.

Und was machen die Dauercamper im Winter? "Na, das Gleiche", sagt Wilhelm Müller-Leichtenstern aus Leverkusen. Er ist Mitglied der Camping-Clique und berichtet von Grill-Parties bei Minusgraden, einer Bar aus Schnee und dem traditionellen Weihnachtsfest am zweiten Feiertag. Dann steht natürlich in jedem Vorzelt ein Tannenbaum und vor der Tür hängen Girlanden.

Camping: Bislang ist es in Deutschland nicht möglich, den ersten Wohnsitz auf einem Campingplatz anzumelden. Es kann aber vorkommen, dass Dauercamper eine Zweitwohnungssteuer zahlen müssen, wenn in einer Stadt eine entsprechende Steuersatzung existiert. Die Steuer beträgt etwa 10 Prozent der Netto-Jahrespacht.

Plätze: Der Waldcampingplatz in Solingen Glüder, Balkhauser Weg 240, hat 100 Stellplätze. Etwa 80 werden von Dauercampern genutzt. In Nordrhein-Westfalen gibt es insgesamt 142 Campingplätze, die dem Fachverband der Freizeit- und Campingunternehmer angeschlossen sind. Demnach kann im Bergischen Land auf acht Plätzen campiert werden. Am Niederrhein gibt es 26, im Ruhrgebiet 17 Plätze. Nährere Informationen zu Plätzen gibt’s im Internet.

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