Didi De Graft: Der König residiert in Bielefeld

Der Ghanaer Didi De Graft ist Obstfachverkäufer einer Supermarktkette und zugleich Regent in seiner Heimat.

Didi De Graft: Der König residiert in Bielefeld
Foto: Oliver Krato

Bielefeld. Didi De Graft ist einer, den man eine „Type“ nennt. Wenn er mit sonorer Stimme, strahlendem Lächeln und ansteckender Fröhlichkeit Supermarktbesuchern exotische Früchte anbietet, schmilzt schnell das Eis. Der 47-Jährige reist durch die 92 Märkte einer Lebensmittel-Kette und kurbelt den Umsatz an. Wenn er mal keine Kunden bedient und Urlaub hat, beginnt für ihn erst recht die Arbeit: Jedes Jahr reist er mit seiner Familie nach Ghana, um dringende Amtsgeschäfte zu erledigen. Denn dort ist er König, wie er berichtet.

De Graft wurde in dem afrikanischen Land geboren. Seine kleine Stadt heißt Suma Ahenkro, unweit der Grenze zur Elfenbeinküste, wie er erzählt. Er ist dort aufgewachsen, hat Abitur gemacht und ist 1989 nach Hamburg gekommen, um Betriebswirtschaft zu studieren. „Meine Eltern haben mich unterstützt, aber es war sehr schwierig“, sagt De Graft. Darum begann er eine Kaufmannslehre bei einem Pharmagroßhändler, bevor er 1993 bei der Supermarktkette anfing.

Und wie wird man nun Tausende Kilometer entfernt König? „Ich komme aus einer Königsfamilie“, sagt De Graft. Die Königswürde werde innerhalb der Familie weitergegeben. „Ich bin der Nachfolger meines Onkels.“ Der habe 2009 abgedankt, seitdem ist De Graft nach eigenen Angaben offiziell König von Suma. Sein Titel lautet „Nana Adutwum Barinah“.

Nana Adutwum Barinah gewährt eine Audienz in seiner Bielefelder Wohnung. Zwischen Polstergarnitur und Flachbildschirm posiert er für den Fotografen in vollem Ornat auf einer Kopie seines reich verzierten Thrones. Das Original stehe in Ghana. Das prächtige Gewand wurde in der Heimat gewoben und bestickt.

Wenn der König in Ghana ist, müsse er nicht nur repräsentieren. „Ich schlichte Streitereien, urteile bei kleineren Vergehen, entscheide über die Verwendung von Grundstücken. Und ich darf Ehen schließen.“ Die gelten aber nur in Ghana, sagt er.

In Abwesenheit des Königs helfen andere Familienmitglieder beim Regieren, wie De Graft erzählt. Der Onkel, der das Amt an ihn abgegeben hatte, halte ihn auf dem Laufenden, „per Telefon, Fax oder Skype“. Das nächste Projekt seien öffentliche Toiletten in Suma. Dafür würden noch dringend Sponsoren gesucht.

1995 lernte De Graft Lisa kennen, „beim Tanzen“, sagt die Königin mit dem offiziellen Namen Akussia Amankana. Es habe nie Probleme mit den Familien gegeben, weder in Ghana, noch in Bielefeld, versichern beide.

Ob De Grafts zwölfjähriger Sohn Marvin auch mal König werden will? „Ja, vielleicht“, sagt er nachdenklich, „darüber hab’ ich mir aber noch keine Gedanken gemacht.“

Eine kleine Familienkrise steht im Sommer an. Dann wird Ghana bei der Fußball-WM gegen Deutschland spielen. Der König ist tapfer: „Dann stehe ich hinter meinen Leuten“, womit er die Kicker aus Ghana meint. Marvin drückt beiden die Daumen. Und Lisa erinnert sich an das Spiel bei der WM 2010, als Deutschland 1:0 gewann: „Ich war damals die Einzige, die gejubelt hat.“

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