Der Norden rüstet sich gegen Orkan „Xaver“

Hamburg (dpa) - Die Warnungen erinnern an die Jahrhundertflut von 1962: Der Norden Deutschlands hat sich gegen einen der möglicherweise schwersten Stürme der letzten Jahrzehnte gewappnet.

Nur Wochen nach dem Oktober-Orkan „Christian“ dürfte die stürmische Wetterfront „Xaver“ Windgeschwindigkeiten von mehr als 140 Kilometern pro Stunde erreichen und Sturmfluten auslösen. Reisende müssen mit Flug- und Zugausfällen rechnen. Vorsorglich ordneten die Behörden am Mittwoch an, Schulen zu schließen. Offshore-Windparks in der Nordsee stellten die Arbeit ein. Auf Weihnachtsmärkten bleiben die Stände geschlossen.

Mehr als eineinhalb Tage lang soll „Xaver“ nach Berechnungen von Meteorologen über Norddeutschland ziehen - länger als „Christian“, der im Oktober für viele umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer und abgetragene Sandstrände gesorgt hatte.

An den Küsten drohen schwere Sturmfluten. „Es können drei hintereinander sein“, hieß es beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. Die höchste der Sturmfluten wird nach dieser Einschätzung in der Nacht zum Freitag in Ostfriesland und an der Nordseeinsel Borkum erwartet. In Hamburg und Bremen soll die Sturmflut am frühen Freitag ankommen.

Auf Wassermassen wie bei Rekordunwettern im vorigen Jahrhundert fühlen sich die Norddeutschen vorbereitet. „Die Deiche sind wintersicher. Sie werden auch ohne Probleme eine Sturmflut wie 1962 oder 1976 überstehen“, versicherte der oberste Küstenschützer im Kieler Umweltministerium, Dietmar Wienholdt.

In zahlreichen Schulen in Niedersachsen und an der Westküste Schleswig-Holsteins fällt der Unterricht aus. Fähren zu den Nordseeinseln wollten den Betrieb einstellen. Schiffe nach Helgoland, Deutschlands einziger Hochseeinsel, sollen bis Freitag im Hafen in Cuxhaven bleiben.

Schon von Donnerstagnachmittag an sei an der Nordseeküste mit Böen der Stärke 12 zu rechnen und im Binnenland mit Stärke 11, sagte der Meteorologe Rüdiger Hartig vom Deutschen Wetterdienst (DWD). An der Nordsee sind demnach extrem starke Böen von mehr als 140 Kilometern je Stunde möglich.

Nach Einschätzung des DWD wird der Orkan voraussichtlich in Schleswig-Holstein am stärksten wüten. Besonders im nördlichen Niedersachsen sowie in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sei mit Behinderungen beim Zugverkehr zu rechnen, teilte die Deutsche Bahn mit. Sie mobilisierte Bereitschaftsdienste zum Räumen von Bahnsteigen und Gleisen sowie zur Reparatur von Oberleitungen. Der Hamburger Flughafen teilte mit, „Xaver“ könne auch den Flugbetrieb stören.

Wegen der Orkanwarnungen kündigten Fährbetriebe zu den nordfriesischen Inseln sowie den Halligen im Wattenmeer Behinderungen und Ausfälle an. Der „Sylt Shuttle“ der Bahn schränkt sein Angebot ein. Der Fährbetrieb zur ostfriesischen Insel Juist wird eingestellt, die Insel Norderney von Donnerstagmorgen an nicht mehr bedient.

Nicht nur in Deutschland alarmierte die Unwetterfront. Winde im Norden und Westen Schottlands könnten Geschwindigkeiten von bis zu 145 Kilometer pro -Stunde erreichen, prognostizierte das britische Wetteramt Met Office. In weiten Teilen des Landes müsse mit Überschwemmungen- gerechnet werden.

Auch in Dänemark und im Süden Schwedens fallen voraussichtlich Züge und Fähren aus. „Bodil“, wie der Sturm in Dänemark heißt, soll bis zum späten Donnerstagabend die Hauptstadt Kopenhagen erreicht haben. Wenn es ganz heftig kommt, müsste die Öresundbrücke, die Dänemark und Schweden verbindet, geschlossen werden, wie die Nachrichtenagentur Ritzau berichtete.

Auch die Verkehrsbetriebe der Stadt Hamburg trafen Vorkehrungen und verstärkten den Betrieb auf U-Bahn-Strecken und Buslinien. In der Hafenstadt könnten rund 400 Berufsfeuerwehrkräfte und etwa 2500 freiwillige Feuerwehrleute ausrücken, kündigte ein Sprecher an. In Schleswig-Holstein bereiten sich die 1400 Freiwilligen und vier Berufsfeuerwehren auf „Xaver“ vor.

Der Hamburger Innenbehörde ging zunächst von einem Wasserstand von mindestens fünf Metern - möglicherweise auch 5,10 oder 5,20 Meter - über Normal Null (NN) in Hamburg-St. Pauli aus. Die Deiche sind auf 7,30 Meter ausgelegt.

Weihnachtsmärkte in Hamburg, Bremen und Kiel sowie der Hamburger Dom, der große Jahrmarkt der Stadt, sollten am Donnerstag geschlossen bleiben. Auf Baustellen der Offshore-Windparks in der Nordsee wurde die Arbeit eingestellt. Meteorologen sagten bis zu 17 Meter hohe Wellen voraus.

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