Der Kratzer in Kölns Karneval

Das Festkomitee der Domstadt räumt zwar Fehler ein, bleibt aber bei seiner viel kritisierten Entscheidung.

Der Kölner Zoch soll seine Leichtigkeit nicht verlieren, so begründet das Festkomitee den Stop des „Charlie-Hebdo“-Wagens.

Der Kölner Zoch soll seine Leichtigkeit nicht verlieren, so begründet das Festkomitee den Stop des „Charlie-Hebdo“-Wagens.

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Köln. Das Medieninteresse ist groß, als das Kölner Festkomitee am Vormittag seine Entwürfe für die Karnevalswagen präsentiert. Bundesweit hat der Stopp des „Charlie-Hebdo“-Wagens im Rosenmontagszug für Schlagzeilen gesorgt. Auch im Internet sorgte die überraschende Entscheidung für Diskussionen und reichlich Unmut.

Der Kratzer in Kölns Karneval
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Von einem „Shitstorm“ und Beleidigungen, die weit unter die Gürtellinie gehen, spricht der Präsident des Kölner Festkomitees, Markus Ritterbach, in seiner Stellungnahme. Er redet auch von der wohl „schwersten Entscheidung des Vorstands in seiner bisherigen Amtszeit“ und davon „dass der Karneval Schaden genommen hat“.

„Im Nachhinein müssen wir erkennen, dass es möglicherweise keine so gute Idee war, den Entwurf so frühzeitig zu präsentieren und damit einen langen Zeitraum für die Entwicklung von Schreckensszenarien zu lassen“, heißt es auf der Facebook-Seite des Kölner Karnevals. Dort hatte das Komitee über den Rosenmontags-Wagen zum Terror von Paris abstimmen lassen. Er sollte einen Jeck mit Pappnase zeigen, der das Gewehr eines Terroristen mit einem Buntstift verstopft.

In seiner Rede kritisiert Ritterbach Berichte, die von angeblichen SEK-Beamten, die auf Dächern und Balkonen den Zoch sichern, oder von Polizeischutz für den Mottowagen berichtet haben. „Bei solchen Überschriften ist jede Chance für einen konstruktiven Dialog dahin“, sagt Ritterbach.

Mit der „Welle der Angst“ habe der Zug plötzlich seine Leichtigkeit verloren. Man habe nicht auf Drohungen, sondern auf die Ängste und Sorgen von Menschen reagiert. „Die Vorwürfe „einzuknicken“ treffen nicht den Kern dessen, was geschehen ist.“ Man stehe nach wie vor zum Thema und Wagen, bekräftigt Ritterbach. „Unsere geradlinige Haltung zur Meinungsfreiheit hat sich nicht geändert.“

Vor allem rechte Gruppierungen nutzen den Rückzug des Mottowagens für ihre Polemik. So wirft die rechte Wählergruppe Pro Köln laut Medienberichten dem Festkomitee vor, angepasst und feige zu sein. Man wolle nun mit islamkritischen Karikaturen im Zug mitgehen.

Scharfe Kritik an der Entscheidung des Festkomitees kam auch vom Kölner Kabarettisten Jürgen Becker, der traditionell lieber den frecheren Zug in der Nachbarstadt anschaut. Auch er kritisiert, dass das Wagenmotiv vorab veröffentlicht wurde. Im Kölner Zug sieht man das eher kritisch: Auf einem Persiflagewagen wird Becker als kleiner Heimathirsch dargestellt, der immer contra gibt und so Mutter Colonia ans Bein pinkelt.

In Form der Dauerbaustelle Zentralmoschee, die vermenschlicht auf den Dom und seine 750 Jahre Bauzeit blickt, widmet sich im diesjährigen Rosenmontagszug dann doch noch ein Wagen dem Thema Islam. Mit „Dat kreje mer och hin!“ zeigen sich die Jecken beim Gotteshaus zuversichtlich.

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