Der Islam hat es schwer in NRW

Ein Forschungsprojekt im Ruhrgebiet zeigt, dass die Akzeptanz gesunken ist. Aber es belegt auch hohes Integrations-Engagement.

Der Islam hat es schwer in NRW
Foto: Laurence Chaperon

Düsseldorf. „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Christian Wulff war nicht der erste Politiker, der diesen Gedanken formulierte. Aber als der damalige Bundespräsident den Satz bei seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2010 in Bremen aussprach, brach eine gewaltige Diskussion darüber los.

Heute ist Wulff Schirmherr des Forschungsprojekts „Wie viel Islam gehört zu Deutschland?“, dessen Ergebnisse am Mittwoch im NRW-Integrationsministerium vorgestellt wurden. Und eines der Ergebnisse, belegt durch zwei Forsa-Umfragen, lautet: Die Akzeptanz für die Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland, hat von 2015 bis 2017 um zehn Prozentpunkte auf 37 Prozent abgenommen.

Durchgeführt wurden die repräsentativen Befragungen im Ruhrgebiet. Darauf konzentrierte sich auch das Forschungsprojekt der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) in Kooperation mit der Brost-Stiftung. In Duisburg, Essen und Gelsenkirchen mit ihren insgesamt über 650 Integrationsangeboten wurden 78 Projekte besucht und schließlich 17 kontinuierlich begleitet. Eine der Erkenntnisse der Forscher: In Deutschland besteht die Projektlandschaft eher aus Insellösungen; Angebote, die mehrere Zielgruppen im Blick haben, sind Mangelware. Es fehlten Schnittstellen, kritisierte Projektleiter Volker Kronenberg, Politologe der Uni Bonn. Arbeit werde oft doppelt gemacht, weil Initiativen sich untereinander häufig noch als Konkurrenz wahrnähmen. „Und im Bereich der politischen Bildung tut sich wenig“, monierte BAPP-Präsident Bodo Hombach. „Die Partizipationsmöglichkeiten von bildungsfernen, aber auch von hoch qualifizierten Jugendlichen müssen und können verbessert werden.“

Hombach verwies auch darauf, dass das türkische Staatsfernsehen eine wichtige Rolle in einer sich verfestigenden Meinungsblase eines Teils der türkischen Bevölkerung im Ruhrgebiet spiele. Dass auch die Ditib, Dachverband türkischer Moscheevereine, dazu beitrage, wollte Staatssekretärin Serap Güler (CDU) so pauschal nicht bestätigen. „Es gibt ein großes Interesse zur Zusammenarbeit mit der Ditib, aber nicht unter den jetzigen Voraussetzungen.“ Einige Ditib-Gemeinden seien offen und kooperativ, andere und leider auch der Landes- und Bundesverband gingen in die entgegengesetzte Richtung.

Güler stellte die Frage, ob der Begriff „Willkommenskultur“ gerade gegenüber jungen Muslimen der passende Begriff sei. „Müssten wir nicht viel mehr von einer Anerkennungskultur sprechen und der jungen Generation vermitteln, das sie Teil der Gesellschaft ist und dazugehört?“

Begegnung bleibt jedenfalls der Schlüssel für alle Integrationsbemühungen. Und die Untersuchungen, so Hombach, hätten gezeigt, dass es weiter große Bereitschaft für bürgerschaftliches Engagement gebe. „Zahlreiche Gruppen und Einzelne warten nicht auf die Politik, sondern packen an.“

Auch die Landespolitik will aber anpacken. Aladin El-Mafaalani, neuer Abteilungsleiter Integration im Ministerium, kündigte eine Strategie an, mit der das Land auf das Problem fehlender muslimischer Ansprechpartner reagieren will.

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