Datteln droht Industrie-Ruine

Umweltschützer fordern den sofortigen Baustopp des Kohlekraftwerks. SPD macht die Landesregierung verantwortlich.

Düsseldorf. Dem in weiten Teilen schon errichteten 1100-Megawatt-Steinkohlekraftwerk in Datteln droht das endgültige Aus. Umweltschutzverbände forderten am Donnerstag den sofortigen Baustopp. Die schriftliche Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts Münster, das den Bau für unrechtmäßig erklärte, lasse keine andere Interpretation zu. Das Kraftwerk sollte 2011 ans Netz gehen.

Der DGB fordert die Landesregierung auf, das Planungsrecht zu verbessern, um das größte Steinkohlekraftwerk Europas noch realisieren zu können. Die SPD wirft der schwarz-gelben Landesregierung schwere Versäumnisse vor, die zum Scheitern des 1,2Milliarden Euro schweren Projekts beigetragen hätten.

Aufgrund von Klagen eines Landwirts und von Umweltschutzverbänden hatte das Oberverwaltungsgericht vor etwas mehr als zwei Wochen den Bebauungsplan der Stadt Datteln für das Kraftwerk für unwirksam erklärt. Dabei nahmen die Richter vor allem Verstöße gegen die Landesplanung und gegen Bestimmungen beim Umweltschutz ins Visier.

Die Bezirksregierung in Münster reagierte nun mit einem teilweisen Baustopp. Der Energiekonzern Eon kann derzeit nur an Teilen der Anlage arbeiten lassen. Die Umweltschützer sehen in der Anweisung aus Münster aber nur eine halbherzige Entscheidung. "Jeder einzelne der vom Gericht gerügten Punkte hätte ausgereicht, den Bebauungsplan für unwirksam zu erklären. Das Urteil ist für Eon und für die Stadt Datteln absolut vernichtend", sagte als Vertreter der Privatkläger, der Rechtsanwalt Philipp Heinz.

Die Entscheidung über einen teilweisen Baustopp in Datteln halten die zuständigen NRW-Minister Christa Thoben (Wirtschaft) und Eckhard Uhlenberg (Umwelt/beide CDU) für "angemessen", wie beide gegenüber der Presse erklärten. Insbesondere Uhlenberg scheint schon auf Distanz zu dem Projekt gegangen zu sein. Jedenfalls betonte er: "Eon baut auf eigenes wirtschaftliches Risiko. Zurzeit ist für mich entscheidend, dass durch den Weiterbau keine Umweltschäden drohen und dass Eon - sollte das Kraftwerk endgültig an diesem Standort unzulässig sein - verpflichtet ist, die Anlage zurückzubauen." Ein klares Bekenntnis zu dem Projekt sieht anders aus.

Angesichts des möglichen Scheitern des Neubaus geht es nun um die politische Schuldzuweisung. Uhlenberg machte am Donnerstag den Regionalplan aus dem Jahr 2004 verantwortlich. Er sei nicht rechtssicher gewesen. Damals regierten SPD und Grüne.

Doch insbesondere die SPD hält dagegen. "Die Landesregierung hat sich als unfähig erwiesen, industrielle Großprojekte auf den Weg zu bringen", sagte Energieexperte Norbert Römer. Sowohl Thoben als auch Uhlenberg hätten der Stadt Datteln signalisiert, dass mit der Planung alles in Ordnung sei - trotz offenkundiger Mängel etwa bei den Abstandsflächen. Wie schon bei der CO-Pipeline und anderen Vorhaben sei die Landesregierung nicht in der Lage, Projekte rechtlich sauber durchzusetzen.

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