Das Schlaraffenland für Bräute

Hochzeit: Im von Türken geprägten Duisburger Stadtteil Marxloh gibt es 50 Fachgeschäfte.

Duisburg. Rosa soll es sein. Mit Reifrock sowieso. Jacqueline Schneider hat ganz bestimmte Vorstellungen für ihr Hochzeitskleid zum Standesamt. Die 25-jährige Braut wird im türkischen Fachgeschäft Prestije in Duisburg-Marxloh schnell fündig. "Mein Traum aus Rosa hat sich verwirklicht, strahlt die Solingerin, die mit Mutter Christel aus dem Bergischen Land auf die Hochzeitsmeile - der Weseler Straße - gefahren ist. "Wir haben in Duisburg auch schon mein weißes Brautkleid für die Kirche gefunden. Wer pompöse Kleider mag und nicht so typisch Deutsch-Schlichte, der ist hier richtig", erzählt die junge Frau, während sie nach einem Schleier sucht. Ein Tipp türkischer Bekannter hat Jacqueline ins Schlaraffenland der Bräute geführt.

Auch Saadet (23) und ihre Schwägerin Cicek (35) aus Hattingen haben dank Mundpropaganda ins Braut-Mekka gefunden. Die Türkinnen wollen ein schickes Abendkleid für eine Hochzeit in England kaufen. "Solche Sachen gibt es bei uns nicht. Dafür fahren wir gerne ein paar Kilometer, denn hier ist die türkische Braut- und Abendmode extravagant und dennoch relativ preiswert", sagt Saadet mit typischem Ruhrpott-Akzent.

Früher war Köln-Mülheim angesagt, jetzt fahren türkische Bräute lieber nach Marxloh. Viele Kunden auf der Duisburger Hochzeitsmeile, darunter natürlich auch die entsprechenden Bräutigame, stammen von auswärts. Die Autokennzeichen aus Recklinghausen, Osnabrück oder Belgien und den Niederlanden zeugen davon.

Neben den türkischstämmigen Brautpaaren shoppen auch immer mehr deutsche Heiratswillige auf der breiten Einkaufsstraße. Der Service kommt an, der Anteil der deutschen Kunden dürfte bei 20 bis 30 Prozent liegen. Und Duisburger Abiturientinnen suchen hier ihr Kleid für den Abschlussball, weiß auch Ladeninhaber Gültekin Bürekci. "Rund fünf Prozent meiner Kunden sind Deutsche. Mit etwas mehr Werbung aller Geschäfte könnten es durchaus mehr sein", meint der 30-Jährige.

Rund 50 Geschäfte bieten auf der Weseler Straße alles für die perfekte, zugegeben eher türkische Hochzeit: Aussteuertruhen, goldene Armreife, Trockenfrüchte und Einladungskarten ergänzen das Braut- und Abendmodenangebot. Auch Schneiderinnen, Fotografen, Friseure und Reisebüros haben sich dort angesiedelt.

Marxloh ist für seinen hohen Ausländeranteil bekannt. Schätzungsweise 60 Prozent der 17 500 Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Die meisten sind türkischstämmig. Bisher hat vor allem die große neue Moschee positive Werbung für den oftmals klischeebelasteten Stadtteil gemacht. "Doch auch die Brautmeile auf der Weseler Straße sei ein weiterer Beweis für das gute Zusammenleben der Kulturen", so Dursan Yilmaz, türkisch-deutscher Mitarbeiter der Entwicklungsgesellschaft Duisburg: Türkische und deutsche Bräute schlendern gemeinsam mit ihren Familien und Freundinnen durch die zahlreichen Hochzeitsfachgeschäfte. Das ist auch eine Form von Integration.

Made in Marxloh - mit diesem Slogan will der Stadtteil künftig selbstbewusst über die Stadtgrenzen hinaus auftreten. Dazu gehört auch, dass das Kulturfestival Duisburger Akzente eine Sonderausstellung mit dem Titel "Heiraten alla Turca" Türkische Hochzeitsbräuche zeigt. Die Schau präsentiert von der Brautwerbung und dem Versprechen über die Verlobung und den Brautumzug bis zum Henna-Abend alle wichtigen Stationen einer typisch türkischen Hochzeit. Dazu zählen auch Brautkleider, Schmuck, die Aussteuertruhe und viele andere türkische Hochzeitsbräuche. Die Sonderausstellung ist bis 31. Mai im Kultur- und Stadthistorischen Museum in Duisburg zu sehen. Zum Programm zählen eine Busfahrt sowie ein Rundgang durch den Hochzeits-Stadtteil.

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