Berufungsgericht verwirft Schuldspruch im Concorde-Prozess

Paris (dpa) - Überraschendes Urteil im Prozess um die Concorde-Katastrophe von Paris: Zwölf Jahre nach dem Absturz des Überschalljets mit allein 97 deutschen Todesopfern hat ein Berufungsgericht den strafrechtlichen Schuldspruch gegen die damalige US-Fluggesellschaft Continental Airlines verworfen.

Die Richter sahen es zwar als erwiesen an, dass die Katastrophe mit insgesamt 113 Toten durch einen Defekt an einer zuvor gestarteten Continental-Maschine ausgelöst wurde. Dies rechtfertige jedoch keine strafrechtliche Verantwortung, urteilte das Gericht am Donnerstag in Versailles.

Die mittlerweile zum Unternehmen United Continental fusionierte Airline muss demnach lediglich eine Million Euro Schadenersatz an die Air France als Eigentümerin der Concorde zahlen. Die französische Fluggesellschaft hatte eine Entschädigung für den erlittenen Imageschaden gefordert.

Für die Hinterbliebenen bleibt es bei der symbolischen Bedeutung des Urteils. Die etwa 700 Betroffenen hatten damals Schmerzensgeld und Schadenersatz nach US-Maßstäben in dreistelliger Millionenhöhe ausgehandelt.

Beim Absturz des Jets waren am 25. Juli 2000 insgesamt 113 Menschen ums Leben gekommen, darunter 97 Deutsche. Sie wollten mit dem Charterflug der schleswig-holsteinischen Reederei Deilmann nach New York fliegen, um dort eine Kreuzfahrt zu beginnen. Vier der 113 Opfer starben in dem Hotel, in das die Maschine kurz nach dem Start stürzte.

Die Katastrophe läutete das Ende der Flugzeuge ein. Die französisch-britischen Konstruktion wurde 2003 aus dem Betrieb genommen. Die wegen ihres Fluglärms auch „Donnervögel“ genannten Maschinen flogen in nur dreieinhalb Stunden von Paris und London nach New York.

In erster Instanz hatte ein Gericht vor zwei Jahren der Fluggesellschaft und einem ihrer Mitarbeiter die Hauptverantwortung für den Absturz zugeschrieben. Continental war zu einer Geldstrafe in Höhe von 200 000 Euro, der Mitarbeiter zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Richter folgten bereits damals der These, dass die Concorde beim Start über eine Titan-Lamelle gerollt war, die von einer Continental-Maschine abgefallen war. Dabei platzte ein Reifen der Concorde und Gummiteile beschädigten das Flugzeug. Keine zwei Minuten nach dem Abheben krachte die Air-France-Maschine in das Hotel am Flughafen.

Die Continental-Anwälte hatten in dem Verfahren argumentiert, dass die Concorde bereits gebrannt haben könnte, bevor sie über das Metallteil fuhr. Das Gericht dürfe sich nicht von Mutmaßungen, Gefühlen und Stimmungen leiten lassen, sagte Anwalt Olivier Metzner. Das Gericht geht in der Entscheidung aber davon aus, dass das Feuer auf den zerstörten Tank zurück geht.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Erhöhung der Geldstrafe auf den Maximalbetrag von 225 000 Euro gefordert. Sie wollte zudem, dass ein Mitarbeiter der Zivilluftfahrtbehörde DGAC zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wird. Er soll von der Anfälligkeit des Flugzeugs gewusst haben und nicht genügend vor den Risiken gewarnt haben. Das Berufungsgericht hielt diese These für glaubwürdig, lehnte aber eine strafrechtlich Verurteilung aber ab. Es gebe keinen sicheren Kausalzusammenhang zwischen seiner Fahrlässigkeit und dem Unglück.

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