Bankräuber mit Manieren

Kriminalität: Warum ein Berliner innerhalb von vier Monaten im Westen zwei Banken überfiel.

Wuppertal/Dortmund. In der Spielbank Dortmund-Hohensyburg galt Manfred F.als Stammkunde. So wunderte sich niemand, dass der höfliche Herr an einem Mittwoch im Oktober 2006 schon vormittags im Automatencasino erschien, um zu spielen. Nach einer Stunde ging F. das Geld aus. 2000Euro hatte er verzockt. Er bat darum, seinen Automaten für ihn reserviert zu halten, er sei gleich zurück. Was damals niemand ahnte: Wenig später wurde F. zum Bankräuber.

Seit Frühjahr dieses Jahres sitzt der 50Jahre alte gebürtige Berliner in U-Haft, seit gestern im Landgericht Wuppertal auf der Anklagebank. Dort wiederholte er sein umfassendes Geständnis, offenbarte auch sein Motiv für zwei Banküberfälle innerhalb von vier Monaten: Spielsucht. An jenem Mittwoch im Oktober fuhr F.von Hohensyburg schnurstracks nach Wuppertal. In der Barmer Hauptstelle der Sparkasse wollte er mit der Bankkarte seiner Mutter Geld abholen.

Doch das Konto war längst abgeräumt. F. sagt, dass die Karte der Mutter deshalb im Automaten blieb. Er ging zum Auto, leerte seinen rotbraunen Aktenkoffer, legte eine auf dem Flohmarkt für zwei Uhren eingetauschte Schreckschusspistole hinein und marschierte zurück zur Sparkasse. Unmaskiert und gekleidet wie ein Geschäftsmann tauchte er dort am Kassenschalter auf, zeigte der Kassiererin den geöffneten Koffer samt Waffe, sagte kurz: "Einpacken, schnell", und ging. Mit einer Beute von exakt 17014Euro stieg F. in seinen Wagen und fuhr zurück zum Casino Hohensyburg, setzte sich an seinen Stamm-Automaten und zockte weiter - stundenlang, wie er gestern bekannte.

Nur ein Foto der Überwachungskamera hatte die Polizei in Händen. Wegen seines schicken Aussehens hatte F. den Ruf als "Gentleman-Bankräuber" weg. Eines Tages war das Wuppertaler Sparkassen-Geld so gut wie verbraucht. Doch F. spielte immer noch. Und eines Montags im Januar dieses Jahres war er pleite. Wieder saß er in Hohensyburg am Automaten, und wieder ließ er sich das Gerät für später reservieren. Diesmal fuhr er nicht nach Wuppertal: "Ich nahm die erstbeste Filiale in der Nähe." Die war in Dortmund. Und wieder ging F. unmaskiert hinein, als wolle er Brötchen kaufen. Die Beute diesmal: 7480 Euro.

Viel Glück hatte der Berliner diesmal aber nicht. Der Kassierer hatte ihm ein Sicherheitspaket mitgegeben. Das zündete wenig später in der Aktentasche des Räubers, verfärbte die Scheine rot. Vor Gericht sagte F. gestern, ein paar Scheine hätte sein Spielautomat in Hohensyburg wenig später trotzdem akzeptiert (siehe Kasten). Dass seine Hände verdächtig rot gefärbt waren, sei damals niemandem aufgefallen. F.:"Die Spieler werden in Ruhe gelassen. Die sollen ja spielen."

Jetzt steht dem angeblichen "Gentleman-Räuber" eine langjährige Haftstrafe bevor. Mit dem Gefängnis hat der Mann bereits Erfahrung. 1982 wurde er wegen eines Banküberfalls - auch damals trat er ohne Maske auf - zu sieben Jahren Haft und anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Erst 1999 kam F. wieder auf freien Fuß.

Krank Der Bundesgerichtshof sieht Spielsucht nur in Ausnahmefällen als Grund für die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit an. Nach einem Urteil vom Januar 2005 müssten bei dem Angeklagten entweder schwerste Persönlichkeitsveränderungen sichtbar oder während der Tat massive Spiel-Entzugserscheinungen zu erkennen gewesen sein.

Dementi Franz Hirthammer, Direktor der Spielbank Dortmund-Hohensyburg, schließt aus, dass von einem Sicherheitspaket gefärbtes Geld von einem Spielautomaten akzeptiert wird: "Das wäre aufgefallen. Das Geld aus unseren Geräten wird auch noch einmal von Hand gezählt." Nach Ermittlungen der Kripo soll Manfred F. in Berlin gefärbtes Geld in Umlauf gebracht haben.

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