Artenschutz-Liste gibt Anlass zu Sorge und Hoffnung

Gland/Berlin (dpa) - Die Zahl der bekannten vom Aussterben bedrohten Arten erhöht sich trotz umfangreicher Schutzmaßnahmen weiter. Das geht aus der am Donnerstag im schweizerischen Gland veröffentlichten Neubewertung der international maßgeblichen Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) hervor.

Danach hat sich innerhalb eines Jahres die Zahl der vom Aussterben bedrohten Arten um gut 300 auf 3879 erhöht. Erfasst sind mit mehr als 61 900 Arten aber auch weit mehr Tiere und Pflanzen als noch 2010. Die deutsche Sektion des Umweltverbandes World Wide Fund For Nature (WWF) bezeichnete die jüngste Statistik als alarmierend.

Als „stark gefährdet“ gelten nun 5689 Arten, als „gefährdet“ 10 002. Nach Ansicht der IUCN ist die Aufstellung ein immer umfangreicher werdendes „Barometer des Lebens“. „Dieses Update zeigt beides, gute und schlechte Nachrichten, zum Status vieler Arten weltweit“, wurde Jane Smart, Direktorin des IUCN Global Species Programme, zitiert. Jedes vierte Säugetier ist der Liste zufolge gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Schlimm sei die Situation etwa bei den Nashörnern: Das westliche Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis longipes) sei nun auch offiziell für ausgestorben erklärt, die Unterart nördliches Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum cottoni) werde als möglicherweise ausgestorben geführt.

„Die Rote Liste ist so etwas wie die Fieberkurve unserer Artenvielfalt und sie zeigt, dass es dem Patienten immer schlechter geht“, erklärte Stefan Ziegler, Artenschutzexperte beim WWF Deutschland, in einer Mitteilung. „Es gelingt nicht einmal, den Artenschwund zu verlangsamen. Ganz im Gegenteil geht es immer mehr Arten an den Kragen.“

Es gebe aber auch Erfolgsgeschichten, hieß es bei der IUCN. So sei der Bestand der südlichen Breitmaulnashörner (Ceratotherium simum simum) von rund 100 zum Ende des 19. Jahrhunderts auf mehr als 20 000 angewachsen. Auch von den Przewalski-Pferden (Equus ferus) lebten wieder mehr als 300 in freier Wildbahn. Sie seien auf „stark gefährdet“ herabgestuft worden. „Diese Erfolge zeigen, dass sich der Aufwand lohnt und in der Wildnis ausgestorbene oder stark bedrohte Tierarten gerettet werden können“, so Ziegler.

Alarmierend sei weiter vielfach die Situation bei den Reptilien, teilte die IUCN mit. Auf Madagaskar seien mittlerweile 40 Prozent der an Land lebenden Reptilien-Arten gefährdet, 22 Arten vom Aussterben bedroht, darunter Chamäleons, Geckos und Schlangen. Reptilien seien aber ein wesentlicher Bestandteil der Artenvielfalt, schreibt die IUCN. Dies gelte besonders für trockene Regionen und Inseln auf der ganzen Welt.

Neben Wirbeltieren sind weltweit auch viele Pflanzen betroffen. Die chinesische Wasserfichte (Glyptostrobus pensilis) etwa war früher weit verbreitet in China und Vietnam. Sie wurde nun als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Ursache sei vor allem die Umwandlung von Wald in Ackerfläche, hieß es. Nach Angaben des WWF ist besonders tragisch, dass viele Arten ausgestorben sein werden, bevor sie überhaupt entdeckt worden sind. Denn die Rote Liste umfasse nur einen kleinen Teil der insgesamt rund zehn Millionen vermuteten Arten weltweit.

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