Wohlfahrtsverbände Arbeitslose Frauen werden bei Qualifizierung benachteiligt

Wohlfahrtsverbände fordern Jobcenter zu größeren Anstrengungen auf. Doch die Anbieter kämpfen gerade mit Kürzungen.

Die Wohlfahrtsverbände fordern die Jobcenter dazu auf, bei Fördermaßnahmen mehr Frauen zu berücksichtigen und dabei auch ihrer familiären Situation gerecht zu werden. Symbolbild.

Die Wohlfahrtsverbände fordern die Jobcenter dazu auf, bei Fördermaßnahmen mehr Frauen zu berücksichtigen und dabei auch ihrer familiären Situation gerecht zu werden. Symbolbild.

Foto: Stefan Sauer

Wuppertal. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW, Arbeitsgemeinschaft von sechs Spitzenverbänden, kritisiert eine Benachteiligung von Frauen bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Ihr am Montag vorgelegter Arbeitslosenreport zeigt: Der Langzeitarbeitslosen-Anteil ist bei Frauen höher als bei Männern. Auch sind erwerbstätige Frauen häufiger auf aufstockende Hartz IV-Leistungen angewiesen. Trotzdem liegt der Frauenanteil bei Qualifizierungsmaßnahmen in NRW nur bei 38 Prozent. So waren im September dieses Jahres von den gut 315 000 arbeitslosen Frauen in NRW 44 Prozent länger als ein Jahr ohne Arbeit. Bei den gut 375 000 arbeitslosen Männern betrug der Anteil 40 Prozent. Mehr als 156 000 Frauen beziehen trotz einer Arbeitsstelle zusätzlich noch Hartz IV-Leistungen. Damit beträgt ihr Anteil an allen Aufstockern 53 Prozent. Grund ist nach Angaben der Freien Wohlfahrtspflege NRW meist die Beschäftigung in Teilzeit- oder Minijobs.

Dadurch, so die Spitzenverbände, trügen Frauen ein doppeltes Risiko. Einerseits zahlten sie weniger oder gar nichts in die sozialen Sicherungssysteme ein und seien deshalb von Altersarmut bedroht. Andererseits seien Minijobs oft eine berufliche Sackgasse und verbauten den Weg in eine existenzsichernde Arbeit. Ein Grund, warum Frauen dennoch in Qualifizierungsmaßnahmen unterrepräsentiert sind: 18 Prozent aller arbeitslosen Frauen sind alleinerziehend. An Betreuungsproblemen kann sowohl die Arbeitssuche als auch die Teilnahme an einer Qualifizierung scheitern. Für Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW, ist das nicht hinnehmbar: „Die gesetzlichen Vorgaben werden hier eindeutig nicht erfüllt, denn sie verlangen eine Beteiligung von Frauen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, die mindestens ihrem Anteil an den Arbeitslosen und ihrer relativen Betroffenheit von Arbeitslosigkeit entspricht.“

Die Wohlfahrtsverbände fordern die Jobcenter daher auf, bei Fördermaßnahmen mehr Frauen zu berücksichtigen und dabei auch ihrer familiären Situation gerecht zu werden. Ein Anbieter, der sich vor allem auf Maßnahmen für Frauen spezialisiert hat, ist der Verein Alpha in Wuppertal. Doch diesem wie auch anderen Trägern ist gerade eröffnet worden, dass das Wuppertaler Jobcenter 2018 weniger Bundesmittel erhält. Alle Träger mit mehr als 20 Maßnahmenplätzen müssen daher im kommenden Jahr ihre Kosten um 30 Prozent senken. Für Alpha macht das eine Summe von 273 000 Euro aus. Als Konsequenz müssen in einer Maßnahme speziell für Frauen 30 von 90 Plätzen abgebaut werden.

Bundesweit gibt es 2018 für die 400 Jobcenter 258 Millionen Euro weniger für Eingliederungshilfen. Das liegt auch an der nur geschäftsführenden Bundesregierung und dem fehlenden Haushalt. Die Jobcenter hoffen auf Nachbesserungen nach der Regierungsbildung.

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