Amtsrichter: Der nackte Cowboy mit Gitarre ist Kunst

Der Straßenmusikant Herbert Nussbaum ist kein Störenfried und gewinnt den Prozess um ein Bußgeld von 200 Euro.

Düsseldorf. Sein Vorbild Robert Burck in New York ist Kult. Der singende Cowboy im Slip ist längst zur Touristen-Attraktion auf dem Times Square geworden. Herbert Nussbaum ist davon noch meilenweit entfernt. Vielmehr stößt der Straßenmusiker mit seiner roten Unterhose in der Düsseldorfer Altstadt auf viel Unverständnis. Doch am Freitag hat der 53-Jährige einen echten Karrieresprung gemacht — von Amts wegen. Denn Richter Günter Hennig entschied, dass seine Auftritte eine künstlerische Darbietung sind.

Dabei sollte Nussbaum eigentlich zu Kasse gebeten werden. Als Störung der öffentlichen Ordnung wurde sein Auftritt am 13. Juli diesen Jahres um kurz nach Mitternacht auf der Bolkerstraße mitten in der Altstadt empfunden. Dafür sollte der Musikant 200 Euro Bußgeld zahlen. Doch das wollte Nussbaum auf keinen Fall tun und legte Einspruch ein.

Amtsrichter Hennig entschied auch sehr schnell, dass es sich keinesfalls um eine Störung der öffentlichen Ordnung handelte, weil Nussbaum ja nicht nackt seine Lieder geschmettert hat, sondern eine Unterhose trug. Außerdem hatte das städtische Ordnungsamt bemängelt, dass der Sänger durchsichtige Strumpfhosen getragen habe. Auch das sei weder Strafe noch Bußgeld wert.

So musste der Jurist letztendlich darüber entscheiden, ob es sich um eine künstlerische Darbietung handelt, wenn der nackte Cowboy sein Publikum mit Gassenhauern wie „Komm hol das Lasso raus“ oder „Über den Wolken“ begeistert.

Hennig fällte ein salomonisches Urteil und schlug den Bogen bis zu Joseph Beuys: „Was ist Kunst, wenn schon eine Fettecke oder ein an einen VW-Bus gebundener Schlitten als Kunst gelten?“ Darüber könne ein Gericht letztendlich kein Urteil fällen. Somit stufte der Amtsrichter die Darbietungen in Unterhose als künstlerische Darstellung ein.

Einzige Einschränkung: Nussbaum muss sich an die Bestimmungen halten, die für Straßenmusiker gelten. Wenn er auch nachts in die Saiten greifen will oder sich — gegen Honorar — mit Altstadt-Besuchern fotografieren lässt, ist eine Sondergenehmigung von der Stadt erforderlich.

Für den 53-Jährigen war das Urteil ein Triumph. „Endlich bin ich als Gesamtkunstwerk anerkannt“, freute er sich wie ein Schneekönig und gab gleich vor dem Gerichtssaal eine A-capella-Kostprobe seiner ersten Single „Der nackte Cowboy“, die in den nächsten Wochen erscheinen soll.

Nussbaum hatte schon öfter Auftritte vor Gericht. Auch als Opfer. Zuletzt hatte ihn ein Jugendlicher in der Altstadt geschlagen, weil ihm das Outfit des Musikanten nicht gefiel. Über Geschmack lässt sich eben streiten. „Aber meine Frau mag es“, sagt Nussbaum. Und das ist ja die Hauptsache.

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